Rz. 245

Stellt der behandelnde Arzt im Einvernehmen mit dem Betreuer bzw. Bevollmächtigten fest, dass der Patient in einer Patientenverfügung lebenserhaltende Maßnahmen konkret abgelehnt hat und die Verfügung auf die aktuelle Behandlungssituation zutrifft und somit seinem tatsächlichen oder mutmaßlichen Patientenwillen entspricht, so sind die lebensverlängernden Maßnahmen zu unterlassen, zu begrenzen bzw. gänzlich einzustellen. Denn nach § 1827 Abs. 3 BGB (§ 1901a Abs. 3 BGB a.F.) gelten die Anordnungen in der Patientenverfügung unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung.

Diese passive Sterbehilfe ist rechtlich zulässig, da es hierbei darum geht, einen natürlichen Krankheitsverlauf seinen Fortgang nehmen zu lassen.[325] Es liegt ein Unterlassen lebensverlängernder Maßnahmen vor und nicht eine aktive Lebensverkürzung in dem Sinne, den Tod schneller herbeizuführen als bei einem natürlichen Verlauf.

Darauf, ob der Sterbevorgang bereits eingesetzt hat oder nicht, kommt es nicht an. Das heißt, dass der Betroffene eine Heilbehandlung auch dann ablehnen darf, wenn sie seine ohne Behandlung zum Tod führende Krankheit besiegen oder den Eintritt des Todes weit hinausschieben könnte.[326]

 

Rz. 246

Die dargestellten Grundsätze gelten auch für den Abbruch der mit einer PEG-Magensonde ermöglichten künstlichen Ernährung.[327]

Kann mit der künstlichen Ernährung kein Therapieziel mehr verfolgt werden, das über die reine Aufrechterhaltung des Lebens um die Dauer eben dieser Maßnahme hinausgeht, trifft den behandelnden Arzt nach § 1828 BGB (§ 1901b BGB a.F.) die Pflicht zur Konsultation des Betreuers und Beurteilung eines möglichen Behandlungsabbruchs nach Maßgabe der §§ 1827, 1828 BGB (§§ 1901a, 1901b BGB a.F.).[328] Die Verletzung dieser Pflicht begründet einen Behandlungsfehler, sofern dieser nachweislich kausal war für die Verlängerung des rechtfertigungsbedürftigen körperlichen Eingriffs.[329]

[327] Siehe hierzu BGH NJW 2017, 1737; ZErb 2016, 330; NJW 2014, 3572.
[328] LG München I MedR 2017, 889.
[329] LG München I MedR 2017, 889.

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