Rz. 316

Selten sind die güterrechtlichen Probleme der Eheleute bei Trennung und Scheidung das einzige Problem, das bei Scheitern ihrer Beziehung geregelt werden muss. Häufig sind es auch die sonstigen Folgen wie die Fragen des Unterhalts, des Versorgungsausgleichs, der Haushaltssachen, der Ehewohnung etc., die der Regelung bedürfen.

 

Rz. 317

Eheleute schnüren häufig ein "Gesamtpaket", in welchem die Modifizierung von Zugewinnausgleichsansprüchen, ein Teilverzicht oder ein vollständiger Verzicht möglich sind.

1. Verzicht auf Zugewinnausgleich

 

Rz. 318

Die Möglichkeit des Verzichts auf die Geltendmachung von Zugewinnausgleich ist in denselben Grenzen möglich, in denen auch zu Beginn der Ehe der Verzicht auf Zugewinnausgleichsansprüche möglich war.

 

Rz. 319

Ergibt die Inhaltskontrolle eines Ehevertrages im Hinblick auf die vereinbarten güterrechtlichen Regelungen, dass die Grenzen der Vertragsfreiheit nach § 138 Abs. 1 BGB überschritten worden sind, so gilt dies bei gleichem Sachverhalt sowohl für den Abschluss eines Ehevertrages zu Beginn der Ehe als auch für den Abschluss einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung.

 

Rz. 320

Abgesehen von diesen Grenzen ist es möglich, einen Verzicht auf die Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen zu vereinbaren. Dies gilt auch dann, wenn sich in dieser Vereinbarung keine anderweitigen Regelung befinden.

Zu empfehlen ist allerdings, zumindest Ansätze einer Begründung hinzuzufügen, die verdeutlichen, dass die Grenzen der Vertragsfreiheit nicht überschritten worden sind.

 

Rz. 321

Der Verzicht ist in zwei verschiedenen Konstellationen denkbar.

Zunächst einmal kann es sein, dass sich bei beiderseits erheblichen Vermögenswerten Schwierigkeiten in der konkreten Ermittlung ergeben, beide Eheleute aber der Auffassung sind, dass sie derart umfassend vermögensrechtlich gesichert sind, dass die – nicht ins Gewicht fallenden – Wertunterschiede keine Rolle spielen.

 

Formulierungsbeispiel

Wir verzichten wechselseitig auf die Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen und nehmen den Verzicht gegenseitig an. Der Grund liegt darin, dass die Höhe unseres beiderseitigen Vermögens nicht wesentlich voneinander abweicht und wir beide durch unser Vermögen ausreichend abgesichert sind.

 

Rz. 322

Die zweite Konstellation betrifft einen durchaus beträchtlichen Wertunterschied. Es kann aber Situationen geben, in denen der Ausgleichsberechtigte auf die ihm zustehenden Ansprüche verzichtet, z.B. weil er die Ausgleichspflicht als "unverdient" empfindet (aus viel Ackerland wurde viel Bauland) und er durch erbrechtliche Verfügungen seiner Verwandten abgesichert ist.

 

Formulierungsbeispiel

Wir verzichten wechselseitig auf die Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen und nehmen den Verzicht gegenseitig an. Der Grund für den Verzicht liegt darin, dass dem Erschienenen zu 2. gegenüber der Erschienenen zu 1. zwar erhebliche Zugewinnausgleichsansprüche zustünden. Der Erschienene zu 2. verzichtet jedoch auf die Geltendmachung dieser Ausgleichsansprüche, da sie aus Erbrecht seitens der Erschienenen zu 1. resultieren und der Erschienene zu 2. durch erbrechtliche Verfügungen seiner Familie vermögensrechtlich abgesichert ist.

2. Modifizierung und Teilverzicht

 

Rz. 323

Im Zusammenspiel zwischen Zugewinnausgleichsansprüchen und sonstigen Ansprüchen eines Ehegatten als Folge des Scheiterns der Ehe wird häufig versucht, Gesamtpakete zu schnüren, die eine faire Gesamtregelung beinhalten und die dazu führen, dass die Belastung für den Verpflichteten tragbar erscheint.

a) Zugewinn und Unterhaltsverzicht

 

Rz. 324

Dem Unterhaltspflichtigen liegt häufig daran, nicht für eine eventuell lange Zeit Unterhalt an den – früheren – Ehegatten zahlen zu müssen und damit auf Jahre hinaus finanziell gebunden zu sein. Diese Gebundenheit führt häufig dazu, keine "neue Familie" gründen zu können."

 

Rz. 325

In solchen Fällen bietet sich an, den Unterhalt der Höhe nach zu bestimmen, abzuzinsen und in einem Kapitalbetrag zu zahlen. Dieser Betrag kann auf Zugewinnausgleichsansprüche zugeschlagen und damit ein Gesamtzugewinn gezahlt werden. Auch wenn dies geschieht, sollte unbedingt im Rahmen einer Vereinbarung darauf geachtet werden, dass derjenige Betrag, der der Abgeltung des nachehelichen Unterhaltes dient, als entsprechende Abfindung klassifiziert wird. Dies ist schon deshalb sinnvoll, weil – zumal im Falle von Ratenzahlung – ein sogar mehrjähriges Realsplitting nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG ermöglicht wird.

Diese könne wie folgt formuliert werden:[194]

 

Formulierungsbeispiel

Die Ehegatten verzichten gegenseitig auf alle gesetzlichen Ansprüche auf Unterhalt nach der Scheidung, also auch für den Fall der Not und nehmen diesen Verzicht gegenseitig an. Der Verzicht gilt auch im Falle einer Gesetzesänderung oder der Änderung der Rechtsprechung.

Als Abfindung für den Verzicht erhält die Ehefrau einen Betrag von insgesamt (…) EUR.

Die Abfindung ist zahlbar in 3 Raten à (…) EUR zum (…), zum (…) und zum (…)

Sollte der Ehemann mit der Zahlung der Raten ganz oder teilweise länger als einen Monat in Rückstand geraten, ist der gesamte noch ausstehende Betrag s...

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