Rz. 345

Auch der Versorgungsausgleich gehört, wie der Unterhalt, zum Kernbereich geschützter Rechtspositionen. Sein Ausschluss ist nur möglich, wenn im Gegenzug andere – äquivalente – Vorteile zugebilligt werden.[207] In erster Linie wird dies eine gleichwertige Altersversorgung sein müssen.[208]

 

Rz. 346

Der Zugewinnausgleich/die Zugewinnverstärkung muss daher geeignet sein, eine entsprechende Altersversorgung zu gewährleisten, eine Versorgung, die im Zweifel bis zum Tod des Berechtigten greift.[209] Dies wird z. B durch Unterhaltszahlung des Verpflichteten nicht möglich sein, da der Unterhaltsanspruch nach dem Tod des Verpflichteten spätestens mit dem Verbrauch im Umfang fiktiver erbrechtlicher Ansprüche endet. Der Umfang der Haftung des Erben ist nämlich nach § 1586b Abs. 1 Satz 3 BGB beschränkt.[210] Danach haftet der Erbe mit dem Betrag, der dem Pflichtteil des Unterhaltsberechtigten[211] entsprochen hätte, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre. Dabei ist die Haftung jedoch nicht nur auf den Betrag des Pflichtteils begrenzt, sondern auf den Betrag des Pflichtteils zzgl. eines fiktiven Anspruchs auf Pflichtteilsergänzung.[212]

 

Rz. 347

Es muss daher entweder eine "Monetarisierung", also eine Berechnung und Vereinbarung der Zahlung des äquivalenten Gesamtvermögens erfolgen oder aber für eine entsprechende Drittzahlung etwa aufgrund abgeschlossener Versicherung Sorge getragen werden. Wegen des hohen Stellenwertes des Versorgungsausgleichs hat dies relativ exakt zu erfolgen, etwa mit Hilfe der Berechnung eines Rentenberaters oder Sachverständigen.

 

Hinweis

Mit Hilfe eigener Berechnung vorzugehen ist äußerst bedenklich. Hier sind unbedingt "Drittberechnungen" anzustellen, für die dann auch die jeweiligen "Dritten" haften.

 

Rz. 348

 

Beispiel zur Verrechnung von Ansprüchen aus dem Versorgungsausgleich und aus Zugewinn

1. Anrechte

 
Ehemann: ehezeitbezogener Kapitalwert 120.000 EUR
Ehefrau: ehezeitbezogener Kapitalwert 40.000 EUR

2. Ausgleich

 
Ehemann 120.000 EUR Ausgleich 60.000 EUR
Ehefrau 40.000 EUR Ausgleich 20.000 EUR
Wirtschaftlicher Ausgleichswert zu Lasten Ehemann: 40.000 EUR

3. Zugewinn

 
Eigentumswohnung zu je ½ Anteil, Wert insgesamt 80.000 EUR

4. Lösungsmöglichkeit

Übertragung ½ Anteil der Eigentumswohnung des Ehemannes auf die Ehefrau unter Verzicht auf Ausgleich im Versorgungsausgleich.

Vorteil Ehefrau: gesicherte Wohnsituation auch im Alter,

Vorteil Ehemann: Bewahrung der Altersrente, ungebrochene Fortentwicklung der erworbenen Anrechte.

 

Rz. 349

 

Beispiel bei Selbstständigkeit eines Beteiligten

1. Anrechte

Ehefrau beamtenrechtliche Anwartschaften von kapitalisiert 120.000 EUR.

2. Ausgleich

Wirtschaftlicher Ausgleichswert zu Lasten der Ehefrau: 60.000 EUR

3. Zugewinnausgleich

Ehemann keine Anwartschaften, aber freiberuflich betriebene Anwaltskanzlei, festgestellter güterrechtlicher Wert 160.000 EUR

4. Ausgleich

Wirtschaftlicher Ausgleichswert zu Lasten des Ehemannes 80.000 EUR

5. Lösungsmöglichkeit

Verzicht auf Durchführung des Versorgungsausgleichs zuzüglich Zahlung von 10.000 EUR durch den Ehemann

Vorteil Ehefrau: die beamtenrechtlichen Pensionsansprüche bleiben vollständig erhalten,

Vorteil Ehemann: Der zum Zeitpunkt der güterrechtlichen Entscheidung in der Praxis befindliche und deshalb nicht zur Verfügung stehende Vermögenswert muss nicht finanziert werden. Die Praxis steht – ungeschmälert – zu Absicherungszwecken auch im Alter zur Verfügung.

 

Rz. 350

Auch Verrechnungen für den Fall von Vermögensübertragungen sind möglich.[213]

 
Hinweis

Formulierungsbeispiel[214]

Für den Fall der Scheidung unserer Ehe verzichten wir auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs und nehmen diesen Verzicht wechselseitig an.

Die Eheleute sind Miteigentümer des Einfamilienhauses in (…), Grundbuch (…), Blatt (…), Flur (…).

Die Immobilie ist unbelastet. Die Eheleute sind darüber einig, dass die Immobilie einen Wert von (…) EUR hat (alternativ: Aufgrund des vom (…) eingeholten Wertgutachtens des Sachverständigen (…) ergibt sich ein Verkehrswert der Immobilie in Höhe von (…) EUR. 

Aufgrund notariellen Vertrages des Notars (…) vom (…) überträgt der Ehemann seine ideelle Hälfte an der o.g. Immobilie auf seine Ehefrau. 

Aufgrund der Auskünfte der verschiedenen Versorgungsträger verfügt der Ehemann über folgende ehezeitbezogene Anwartschaften:

In der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von (…) Entgeltpunkten, was einem korrespondierenden Kapitalwert in Höhe von (…) EUR entspricht.
Im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung über einen ehezeitlichen Kapitalwert in Höhe von (…) EUR.

Dem gegenüber verfügt die Ehefrau lediglich über Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund von Kindererziehungszeiten in Höhe von (…) Entgeltpunkten, was einem korrespondierenden Kapitalwert in Höhe von (…) EUR entspricht. 

Der Notar hat die Parteien darauf hingewiesen, dass die korrespondierenden Kapitalwerte der gesetzlichen Rentenversicherung mit der der betrieblichen Altersversorgung des Ehemannes aufgrund der unterschiedlichen Berechnungs...

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