Rz. 103

Die Berufung auf eine wirksam vereinbarte Gütertrennung kann sich jedoch als rechtsmissbräuchlich erweisen.

Auch wenn in einem ersten Schritt die Inhaltskontrolle eines Ehevertrages ergibt, dass die güterrechtliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten nicht zu beanstanden ist, muss doch zum Zeitpunkt der Anwendung der vertraglichen Regelungen bei Scheidung geprüft werden, ob sich der dadurch Begünstigte tatsächlich auf die Regeln berufen kann (Ausübungskontrolle).

 

Rz. 104

Unter strengen Voraussetzungen könnte sich die Berufung auf eine wirksam vereinbarte güterrechtliche Regelung als rechtsmissbräuchlich erweisen.[88]

Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn Ehegatten bei ihrer Abrede von beiderseitiger, ökonomisch vergleichbar gewinnbringender Berufstätigkeit ausgegangen sind, diese Planung sich aber später nicht verwirklichen lässt. Liegt ein solcher Ausnahmefall vor, dann sei, so der BGH, der eine Ehegatte gehindert, sich auf die von den Beteiligten vereinbarte Gütertrennung zu berufen.[89]

 

Rz. 105

Im Wege der Ausübungskontrolle ist in einem solchen Falle allerdings nicht schlicht der Zugewinnausgleich durchzuführen. Es sind die ehebedingten Nachteile auszugleichen. Dies gilt namentlich, weil man sich umso stärker an der vom Gesetz vorgesehenen Rechtsfolge zu orientieren hat, je zentraler diese Frage im Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts angesiedelt ist.[90] Das Güterrecht ist jedoch der am weitesten vom Kernbereich entfernte Bereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts. Daher kommt in einem solchen Fall ausschließlich der Ausgleich der ehebedingten Nachteile in Betracht.

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