Rz. 219

Auch wenn Eheleute grundsätzlich der Auffassung sind, dass sie sich während ihrer Ehe nicht gegenseitig zu Vermögen verhelfen wollen und die Ehe für sie keinen vermögensrechtlichen Versorgungscharakter trägt, gibt es doch Lebenssituationen, die zu einer veränderten Ehesituation führen.

 

Rz. 220

So kann die Geburt eines Kindes dazu führen, dass ein Ehepartner, regelmäßig die Ehefrau, zumindest während der Zeit der Betreuung des Kindes nicht mehr für ihren Unterhalt und damit für ihre Vermögensbildung sorgen kann. Für solche Fälle ist es für den anderen Ehepartner einsichtig, dass die veränderte Ehesituation nicht einseitig zu Lasten des das Kind betreuenden Ehegatten gehen kann.

 

Rz. 221

Es kann deshalb sinnvoll sein, einen auflösend bedingten Ausschluss des Zugewinns für den Fall der Geburt eines Kindes zu vereinbaren.

Dies kann wie folgt formuliert werden:[152]

 

Formulierungsbeispiel

1. Für den Fall, dass unser Güterstand auf andere Weise als durch den Tod eines von uns beendet wird, insbesondere durch Scheidung der Ehe, schließen wir den Ausgleich des Zugewinns vollständig aus. Dies gilt auch bei einem vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns oder einer vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft.

2. Einer Beendigung der Ehe durch rechtskräftige Scheidung steht das Scheitern der Ehe im Sinne des § 1933 BGB gleich.

3. Die Vereinbarung über den Ausschluss des Zugewinnausgleichs wird unwirksam, wenn einer von uns wegen der Geburt eines gemeinschaftlichen Kindes seine Berufstätigkeit ganz oder teilweise aufgibt. In diesem Fall ist der Zugewinnausgleich für die gesamte Ehezeit durchzuführen.

4. Im Übrigen bleibt es beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, insbesondere beim Zugewinnausgleich im Todesfall.

5. Eine Aufstellung unseres beiderseitigen Vermögens wollen wir diesem Vertrag nicht beifügen.

 

Rz. 222

Auch wenn ein solcher auflösend bedingter Ausschluss des Zugewinns zu fairen Ergebnissen zu führen scheint, sind Fallkonstellationen denkbar, in denen die Vorstellung von der gedachten Benachteiligung des das Kind betreuenden Ehegatten gerade nicht zutrifft.

 

Beispiel

Die Ehefrau ist erfolgreiche Notarin. Nach der Geburt eines Kindes schränkt sie ihre berufliche Tätigkeit zunächst ein. Bei Scheidung der Ehe ist sie wieder vollständig berufstätig und verfügt über ein hohes Einkommen. Der Ehemann ist als Unternehmer gescheitert und insolvent.

Folge: Obwohl allein die Ehefrau "ehebedingte" Einschränkungen in Kauf genommen hatte, würden dem Ehemann bei Scheidung der Ehe Ansprüche auf Zugewinnausgleich zustehen."

 

Rz. 223

Dies ist eine unbillige Konsequenz[153] und könnte durch folgende Formulierung vermieden werden:[154]

 

Formulierungsbeispiel

Sollte aufgrund der vorstehenden Vereinbarungen der Ehegatte, der wegen Geburt eines gemeinschaftlichen Kindes seine Berufstätigkeit ganz oder teilweise aufgegeben hat, bei Scheidung der Ehe zum Ausgleich des Zugewinns verpflichtet sein, so bleibt es bei der Vereinbarung, die wir für den Fall der Kinderlosigkeit der Ehe getroffen haben.

 

Rz. 224

Schließlich ist die Einschränkung möglich, den Zugewinnausgleich ausschließlich für die Zeit ab der Geburt des gemeinschaftlichen Kindes durchzuführen.

In einem solchen Fall formuliert man wie folgt:[155]

 

Formulierungsbeispiel

Die Vereinbarung über den Ausschluss des Zugewinnausgleichs wird unwirksam, wenn einer von uns wegen der Geburt eines gemeinschaftlichen Kindes seine Berufstätigkeit ganz oder teilweise aufgibt. In diesem Fall ist der Zugewinnausgleich für die Zeit ab der Geburt des gemeinschaftlichen Kindes durchzuführen, nicht jedoch für den Zeitraum davor; das bis dahin während der Ehe erworbene Vermögen ist nicht ausgleichspflichtiges Anfangsvermögen.

 

Rz. 225

Aber auch bei einer kinderlosen Ehe kann ein gegenseitiger Verzicht auf Zugewinnausgleich im Falle der Scheidung der Ehe problematisch sein.

 

Rz. 226

Liegt eine derzeit gesicherte Ehesituation mit einer "Doppelverdienerehe" vor, bleibt es dabei und bleibt die Ehe kinderlos, ist der Ausschluss des Zugewinnausgleichs naturgemäß unproblematisch. Erkrankt jedoch ein Ehepartner während der Ehezeit, können diese veränderten Umstände zu einer abweichenden Situation führen, die ebenso wie die Geburt eines Kindes als auflösende Bedingung im Ehevertrag berücksichtigt werden kann.

 

Rz. 227

Eine Formulierung wäre wie folgt möglich:

 

Formulierungsbeispiel

Die Vereinbarung über den Ausschluss des Zugewinnausgleichs wird ebenfalls unwirksam, wenn einer von uns wegen teilweiser oder vollständiger Erwerbsunfähigkeit seine Berufstätigkeit ganz oder teilweise aufgibt. In diesem Fall ist der Zugewinnausgleich für die Zeit ab teilweiser und/oder vollständiger Erwerbsunfähigkeit durchzuführen. Das bis zu diesem Zeitpunkt während der Ehe erworbene Vermögen ist dagegen ist nicht ausgleichspflichtiges Anfangsvermögen.

[152] Vgl. Brambring, Rn 92.
[153] So auch Brambring, Erläuterung zum 2. Vertragsmuster, S. 113.
[154] Brambring, Rn 92.
[155] Brambring, Rn 95.

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