Rz. 98

Ein Unfallversicherungsvertrag kann durch Zeitablauf, ordentliche oder außerordentliche Kündigung sowie Versicherungsunfähigkeit beendet werden.

I. Laufzeit

 

Rz. 99

Der Vertrag kann für eine feste Laufzeit vereinbart werden. Dies ist für Laufzeiten von weniger als einem Jahr in Ziff. 10.2 AUB 08/99 und § 4 III AUB 94/88 ausdrücklich geregelt. Mit Zeitablauf endet der Vertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

II. Kündigung des Vertrags

1. Ordentliche Kündigung

 

Rz. 100

Bei einer Vertragsdauer von mindestens einem Jahr kann der Vertrag mit einer Frist von drei Monaten zum Ablauf des Versicherungsjahres gekündigt werden, Ziff. 10.2 AUB 08/99, § 4 II AUB 94/88 und § 7 II (1) AUB 61.

Die maximal vereinbare Laufzeit beträgt 3 Jahre. Verträge mit einer darüber hinausgehenden Vereinbarung können dennoch zum Ablauf des dritten Vertragsjahres und darauf folgend jeweils zum Ablauf des Versicherungsjahres gekündigt werden.[72]

Es besteht die Möglichkeit, diese Regelungen durch individuelle Absprachen zu verändern und kürzere Kündigungsfristen oder eine jederzeitige Kündigung zu vereinbaren.

[72] Dazu Bruck/Möller-Leverenz, AUB 08 Ziff. 10 Rn 20.

2. Außerordentliche Kündigung

 

Rz. 101

Im Schadensfall besteht ein außerordentliches Kündigungsrecht, nachdem eine Leistung erbracht oder vom VN Klage auf eine Leistung erhoben wurde. Die Kündigung muss spätestens einen Monat nach Leistung oder – im Falle eines Rechtsstreits – nach Klagrücknahme, Anerkenntnis, Vergleich oder Rechtskraft des Urteils in Schriftform zugegangen sein, Ziff. 10.3 AUB 08/99, § 4 III AUB 94/88 und § 7 II (2) AUB 61.

Die AUB 61 sehen zusätzlich ein außerordentliches Kündigungsrecht vor, wenn ein Ärzteausschussverfahren nach § 12 AUB 61 beantragt wurde, § 7 II (2) a) AUB 61.

 

Rz. 102

 

Hinweis

Bei Multiriskverträgen besteht das Sonderkündigungsrecht für den Gesamtvertrag, es kann aber auch auf den Vertragsteil der betroffenen Sparte beschränkt werden.

Ebenso kann bei einem Vertrag für mehrere Personen nach der Schadenszahlung entweder der gesamte Vertrag gekündigt werden oder nur bezüglich der betreffenden VP.

3. Kündigung aus wichtigem Grund

 

Rz. 103

Eine Kündigung aus wichtigem Grund ist nach § 314 BGB jederzeit möglich. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Kein wichtiger Grund für den VN ist die Ablehnung einer Schadenszahlung. Ein wichtiger Grund für den VR ist z.B. ein Betrug durch den VN.

Teilweise wird ein Kündigungsrecht des VR im Falle einer Gefahrerhöhung im Sinne des § 181 Abs. 2 VVG n.F. in Betracht gezogen, sofern diese Gefahrerhöhung ein nach dem allgemeinen Versicherungstarif nicht versicherbares Risiko betrifft.[73] Das ist abzulehnen, weil damit die Regelung zur Gefahrerhöhung ausgehöhlt würde.

[73] Ausführliche Begründung vgl. Bruck/Möller-Leverenz, § 181 Rn 14 f.

III. Versicherungsunfähigkeit

1. Allgemeines

 

Rz. 104

Die AUB legen mit der Regelung zur Versicherungsfähigkeit nach § 3 AUB 94/88 und § 5 AUB 61 fest, dass der Versicherungsschutz erlischt, sobald die VP versicherungsunfähig geworden ist.

Aus kartellrechtlichen Gründen[74] gab der GdV für die AUB 08/99 keine Formulierungsvorschläge. Die Musterbedingungen lassen an der systematisch passenden Stelle der Ziffer 4 eine bewusste Lücke, die jeder VR selbstständig ausfüllen kann.

[74] Ausführlich dazu Grimm, § 4 Rn 1, Stockmeier/Huppenbauer, S. 37.

2. Zweck und Wirksamkeit

 

Rz. 105

Nach Sinn und Zweck der § 3 AUB 94/88, § 5 AUB 61 soll derjenige, der aus der privaten Unfallversicherung keine Leistung erhalten konnte, auch nicht versichert und damit beitragspflichtig sein.[75] Dies entspricht richtigerweise dem Rechtsgedanken des Wegfalls des versicherten Interesses und stellt weitgehend eine Ausgestaltung des § 68 VVG a.F.[76] dar. Die Wirksamkeit der Regelung ist zu bejahen.[77]

[75] Grewing, Entstehungsgeschichte, S. 25.
[76] BGH v. 25.1.1989 – IVa ZR 189/87, VersR 1989, 351; Prölss/Martin-Knappmann, Nr. 4 AUB 08 Rn 1.
[77] Vgl. Bruck/Möller-Leverenz, § 181 Rn 2–4 und 35 mit ausführlicher Begründung; nach a.A. handelt es um eine unwirksame Gefahrerhöhungsregelung.

3. Ausgeschlossene Krankheitsbilder

 

Rz. 106

Welche Risiken als nicht versicherbar gelten, ist in den verschiedenen Bedingungswerken unterschiedlich geregelt. Bei den jeweiligen Änderungen sind Beweis- und Praxisprobleme der Schadensregulierung mit eingeflossen. Es bleibt aber nach wie vor schwierig, den genauen Zeitpunkt des Eintritts einer Versicherungsunfähigkeit festzustellen, da oftmals, nicht zuletzt auch aus Scham, die Gesundheitssituation von Betroffenen verschleiert wird und selbst die behandelnden Ärzte kein eindeutiges Bild von der tatsächlichen Situation besitzen.

a) Geisteskranke

 

Rz. 107

Nicht jede krankhafte Störung des Geistes oder der Seele sind Geisteskrankheiten im Sinne der AUB. Vielmehr muss die Störung von so schwerwiegendem Ausmaß sein, dass die VP dadurch vom allgemeinen Leben weitgehend ausgeschlossen ist.[78]

Mangels eindeutiger medizinischer und juristischer Definition des Begriffs Geisteskrankheit bedarf es einer engen Auslegung. Im Einzelfall ist zu klären, ob die VP i...

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