I. Allgemeines

 

Rz. 28

Die private Unfallversicherung wird im Wesentlichen als Summenversicherung betrieben, d.h. es geht nicht um den Ersatz eines tatsächlich zu beziffernden Schadens, sondern um eine abstrakte Bedarfsdeckung. So ist die aus wirtschaftlicher Sicht dominierende Leistungsart, die Invaliditätsleistung, als Summenversicherung ausgestaltet.

Daneben sind einzelne Leistungsarten aber auch mit Schadencharakter ausgestaltet, wie z.B. die Bergungskosten. Dabei wird der Leistungsanspruch auf die tatsächlich entstandenen Kosten beschränkt, in der Höhe begrenzt durch die konkret versicherte Summe.

Beide Arten werden in einem Vertrag gemeinsam angeboten. Der Gesetzgeber hat die speziellen Regelungen für die Unfallversicherung als Summenversicherung ausgestaltet, mit einzelnen Verweisen zum Schadensrecht, §§ 178 bis 191 VVG n.F. und §§ 179 bis 185 VVG a.F.

II. Summenversicherung

 

Rz. 29

Die versicherten Summen sind frei vereinbar, ein Bereicherungsverbot gilt nicht.[25] Es ist daher auch grundsätzlich möglich, dass für eine Person mehrere Verträge bestehen, etwa neben den vom VN "privat" abgeschlossenen Verträgen auch noch unfallversicherungsrechtliche Verträge über den Arbeitgeber oder Vereine, sowie Schutzbriefe für Autofahrer und Kreditkartenbenutzer. Die Forderung, dass (zur Vermeidung von Ausnutzungstendenzen) zwischen persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen und bestehendem Versicherungsschutz Ausgewogenheit bestehen sollte,[26] bedeutet keine rechtliche Verpflichtung des VN, seinen Versicherungsschutz entsprechend beschränken zu müssen. Der VR ist insoweit nicht schutzwürdig, weil er durch seine Risikoprüfung bei Vertragsabschluss die Versicherungssummen begrenzen kann. Der VN ist zur umfassenden Angabe anderer Unfallversicherungen verpflichtet.

[25] Wussow/Pürckhauer, § 1 Rn 8.
[26] OLG Koblenz v. 14.7.1980 – 10 U 1108/79, VersR 1981, 188.

III. Leistungsarten mit Schadencharakter

1. Allgemeines

 

Rz. 30

Bereits in den AUB 61 gab es für Heilkosten mit § 8 (4) und für Tagegeld mit § 8 (3) S. 3 erste Ansprüche mit Schadencharakter. Die Erweiterung des Leistungskatalogs in den AUB hat diese Form der Leistungsarten ausgedehnt. So fangen z.B. Bergungskosten, Kostenerstattung bei kosmetischen Operationen oder Kostenbeihilfen für Nachhilfeunterricht konkrete finanzielle Auswirkungen durch die unfallbedingten Gesundheitsschädigungen gezielt auf, jeweils begrenzt bis zu den vereinbarten Höchstbeträgen.

Da es sich hier um Nebenleistungen handelt, bleibt die Gesamtstruktur des Vertrages als Summenversicherung erhalten, so dass der Abschluss mehrerer Unfallversicherungsverträge zulässig bleibt.

2. Rechtliche Einordnung

 

Rz. 31

Überwiegend werden in Anlehnung an eine Entscheidung des BGH die auf konkrete Bedarfsdeckung zielenden Leistungsarten rechtlich als Schadenversicherung eingeordnet.[27] Präziser erscheint eine Qualifizierung als "Leistungsart mit Schadencharakter", da die Schaden- und Anspruchslage nicht vollständig mit der einem Haftpflichtanspruch zugrunde liegenden Situation vergleichbar ist. Die Frage der rechtlichen Einordnung wird jedoch nicht im Verhältnis zwischen VN und VR, sondern in der Beziehung des VR zu Dritten, z.B. anderen VR im Hinblick auf mögliche Regressansprüche des in Vorleistung getretenen VR relevant.

Im Ergebnis sind somit die Leistungsarten mit Schadencharakter Teil einer Summenversicherung. Die Zahlungsmodalitäten besitzen aber Eigenschaften einer Schadenversicherung.

[27] BGH v. 20.12.1972 – IV ZR 171/71, VersR 1973, 224 f.

3. Subsidiarität

 

Rz. 32

Muster 1: Musterbedingung Subsidiarität

 

Soweit ein anderer Ersatzpflichtiger eintritt, kann der Erstattungsanspruch gegen den Versicherer nur wegen der restlichen Kosten geltend gemacht werden. Bestreitet ein anderer Ersatzpflichtiger seine Leistungspflicht, kann sich der Versicherungsnehmer unmittelbar an den Versicherer halten.

Mit dieser Bedingung wird eine Vorleistungspflicht anderer Ersatzpflichtiger festgeschrieben. Zunächst soll ein ersatzpflichtiger Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung den Schaden ausgleichen. Nur die Restsumme der entstandenen Kosten kann der VN dem VR gegenüber geltend machen. Leistungsarten mit Schadencharakter sind in der Regel auf diese Weise subsidiär vereinbart. Der VR fordert daher auch regelmäßig die Vorlage von Originalrechnungen, ggf. mit Erstattungsvermerk des Vorleistungspflichtigen.

Sind mehrere VR oder auch schadenersatzpflichtige Dritte vorhanden, ist zu prüfen, ob eine einfache und qualifizierte Subsidiaritätsklausel vorliegt.[28]

[28] Ausführlich zu Subsidiaritätsabreden Bruck/Möller-Schnepp, § 78 Rn 167 ff. und 202; Beispiele bei MK-Halbach, § 78 Rn 19 f.

4. Bereicherungsverbot im Schadensfall

 

Rz. 33

Auch eine Bereicherung im Schadensfall soll durch die AUB-Regelung verhindert werden. Mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten kann der VN nicht verlangen. Auch fiktive Kosten sind nicht mit versichert.

 

Rz. 34

Muster 2: Musterbedingung zu mehreren Verträgen

 

Bestehen für den Versicherten bei der XY-Versicherung mehrere Unfallversicherungen, können zu dieser Leistungsart die Kosten nur aus einem dieser Verträge verlangt werden.

Teilweise begrenzen die VR Ansprüche aus Leis...

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