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Schließlich wird für den Erbteil und das Vorvermächtnis des behinderten Sohnes noch Testamentsvollstreckung angeordnet. Es ist dabei darauf zu achten, dass die Person des Testamentsvollstreckers und des Betreuers nicht identisch sind, da sonst eine Interessenkollision vorliegt und die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers erforderlich wird.

Muster 2.13: Anordnung der Testamentsvollstreckung beim Behindertentestament

 

Muster 2.13: Anordnung der Testamentsvollstreckung beim Behindertentestament

Testamentsvollstreckung

(1) Für die unserem behinderten Sohn S zugewendeten Vermächtnisse und die Erbenstellung ordnen wir Dauertestamentsvollstreckung an. Hierdurch wollen wir erreichen, dass unserem Sohn aus seiner Beteiligung am Nachlass dauerhaft ein angemessener Lebensstandard, der über das Niveau der Sozialhilfe als staatlicher Grundversorgung hinausgeht, ermöglicht wird. Diese Zielsetzung wollen wir auch dann beachtet wissen, wenn in Zukunft aufgrund einer Änderung der derzeitigen Rechtslage die Anordnung von Dauertestamentsvollstreckung in der hier getroffenen Weise nicht möglich sein sollte.

(2) Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist es, die Beteiligung unseres behinderten Sohnes am Nachlass, d.h. seinen Erbteil und einen ihm etwaig als Vermächtnis zugewandten baren Geldbetrag zu verwalten. Er soll hierzu zunächst gemeinsam mit den Miterben den Nachlass in Besitz nehmen, Nachlassverbindlichkeiten erfüllen und sodann bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft mitwirken. Danach soll er alle Vermögenswerte dauerhaft verwalten, die unserem behinderten Sohn durch die Erbauseinandersetzung oder die Vermächtniserfüllung zugefallen sind. Der Testamentsvollstrecker nimmt bis zum Eintritt des Nacherbfalls insbesondere für die Auseinandersetzung auch die Rechte des Nacherben und Nachvermächtnisnehmers wahr.

(3) Im Wege der Verwaltungsanordnung gemäß § 2216 Abs. 2 BGB weist ein jeder von uns den Testamentsvollstrecker verbindlich an, unserem behinderten Sohn aus den jährlichen Reinerträgen des Nachlasses solche Geld- oder Sachleistungen zuzuwenden, die der Verbesserung der Lebensqualität unseres Sohnes dienen, auf die der Sozialhilfeträger aber nach den sozialhilferechtlichen Vorschriften (insbesondere Sozialhilfe und Grundsicherung) nicht zugreifen kann und hinsichtlich derer eine Anrechnung auf die unserem behinderten Sohn gewährte Sozialhilfe nicht in Betracht kommt.

(4) Der Testamentsvollstrecker hat die Erträge unter den vorstehenden Voraussetzungen insbesondere in folgender Form zuzuwenden:

angemessene Geschenke zum Geburtstag von S, zu den üblichen Feiertagen sowie zu besonderen Anlässen oder bei anderen Gelegenheiten, die durch Sitte und Anstand geboten sind; bei der Auswahl der Geschenke hat der jeweilige Testamentsvollstrecker auf die Bedürfnisse und Wünsche von S Rücksicht zu nehmen,
Zuwendungen zur Ermöglichung individueller geistiger und künstlerischer Bedürfnisse sowie individueller Bedürfnisse bei der Freizeitgestaltung,
Zuwendungen für die Anschaffung von Gegenständen des persönlichen Bedarfs, soweit deren Besitz kein Luxus ist,
Geldbeträge zur Finanzierung von Besuchsfahrten, Kur- und Ferienaufenthalten sowie Bezahlung einer ggf. erforderlichen Begleitperson,
Finanzierung ärztlicher Behandlungen, Heilbehandlungen, Therapien und von Medikamenten, Hilfsmitteln und Ausstattungsgegenständen, die von der Krankenkasse oder sonstigen Trägern von Sozialleistungen nicht oder nicht vollständig getragen werden,
Geldzuwendungen, die jedoch im Falle der Gewährung von Sozialleistungen innerhalb des nach den einschlägigen sozialrechtlichen Bestimmungen zulässigen Rahmens bleiben müssen.

(5) Bei der Verwendung der Mittel kann der Testamentsvollstrecker nach billigem Ermessen entscheiden, soll aber die Bedürfnisse und – soweit möglich – die Wünsche unseres behinderten Sohnes berücksichtigen. Wenn die Erträge des Nachlasses für die Erfüllung der Bedürfnisse von S nicht ausreichen, darf er auch die Vermögenssubstanz aufbrauchen oder Verbindlichkeiten für den Nachlass eingehen.

(6) Werden die jährlichen Reinerträge nicht in voller Höhe in der vorstehend aufgeführten Weise verwendet, so soll der Testamentsvollstrecker sie nach seinem Ermessen gewinnbringend anlegen und entsprechend der genannten Ziele verwenden. Eine mündelsichere Geldanlage obliegt ihm nicht.

(7) Zum Testamentsvollstrecker ernennen wir unseren Steuerberater X. Sollte dieser das Amt als Testamentsvollstrecker aus irgendeinem Grunde nicht antreten können, so kann er einen geeigneten Ersatztestamentsvollstrecker bestimmen. Dies gilt auch, wenn der berufene Testamentsvollstrecker nach Annahme des Amtes dieses niederlegt oder nicht mehr ausüben kann. Notfalls soll das Nachlassgericht einen geeigneten Testamentsvollstrecker benennen.

(8) Der Testamentsvollstrecker erhält eine Vergütung nach der Neuen Rheinischen Tabelle. Die Vergütung ist von den Erben und Vermächtnisnehmern, die der Testamentsvollstreckung unterliegen, im Verhältnis ihrer Begünstig...

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