Rz. 1239

 

§ 15 RVG – Abgeltungsbereich der Gebühren

(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit.
(2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.
(3) Sind für Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden, entstehen für die Teile gesondert berechnete Gebühren, jedoch nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr.
(4) Auf bereits entstandene Gebühren ist es, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, ohne Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist.
(5)

1Wird der Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, erhält er nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre.

2Ist der frühere Auftrag seit mehr als 2 Kalenderjahren erledigt, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen.

3Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Vergleich mehr als 2 Kalenderjahre nach seinem Abschluss angefochten wird oder wenn mehr als zwei Kalenderjahre nach Zustellung eines Beschlusses nach § 23 Abs. 3 Satz 1 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes der Kläger einen Antrag nach § 23 Abs. 4 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes auf Wiedereröffnung des Verfahrens stellt.

(6) Ist der Rechtsanwalt nur mit einzelnen Handlungen oder mit Tätigkeiten, die nach § 19 zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, beauftragt, erhält er nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde.
 

Rz. 1240

Soweit mehrere Verhandlungen oder Besprechungen stattfinden, die sich auf denselben Gegenstand beziehen, entsteht im Ergebnis stets nur eine Gebühr (§ 15 Abs. 2 RVG [§ 13 Abs. 2 BRAGO]).[1128]

[1128] Siehe Jahnke, Anfall und Erstattung der Besprechungsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGebO) bei der Regulierung von Schadenfällen, VersR 1991, 264 (274); Fn 115 m.w.N.

1. Vereinzelung

 

Rz. 1241

Einem Rechtsanwalt ist es nicht gestattet, einseitig und ohne hinreichenden Sachgrund anstehende Verfahren eines Auftraggebers zu vereinzeln, statt sie nach ihrer objektiven Zusammengehörigkeit als eine einzige Angelegenheit zu behandeln, bei der die Gegenstandswerte zusammenzurechnen sind.[1129]

 

Rz. 1242

Ist sowohl eine getrennte als auch eine gehäufte Verfahrensführung ernsthaft in Betracht zu ziehen, muss der Rechtsanwalt das Für und Wider des Vorgehens unter Einbeziehung der Kostenfolge dem Auftraggeber darlegen und seine Entscheidung herbeiführen.[1130]

[1129] BGH v. 11.12.2003 – IX ZR 109/00 – ags 2004, 145 (Anm. Schneider) = AnwBl 2004, 251 = BGHReport 2004, 487 (Anm. Schneider) = BRAK-Mitt 2004, 75 (nur Ls.) (Anm. Grams) = FamRZ 2004, 535 = NJW 2004, 1043 = WM 2004, 1792.
[1130] BGH v. 11.12.2003 – IX ZR 109/00 – ags 2004, 145 (Anm. Schneider) = AnwBl 2004, 251 = BGHReport 2004, 487 (Anm. Schneider) = BRAK-Mitt 2004, 75 (nur Ls.) (Anm. Grams) = FamRZ 2004, 535 = NJW 2004, 1043 = WM 2004, 1792.

2. Dieselbe Angelegenheit

 

Rz. 1243

Der Anwalt kann in derselben Angelegenheit Gebühren nur einmal fordern (§ 15 Abs. 2 RVG). Unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Anwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Um "dieselbe Angelegenheit" annehmen zu können, müssen folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:

Neben einem einheitlichen Auftrag und
einem gleichen Tätigkeitsrahmen
muss zwischen den einzelnen Gegenständen ein innerer objektiver Zusammenhang bestehen,

d.h. es muss sich um einen einheitlichen Lebensvorgang handeln.[1131]

 

Rz. 1244

Der BGH[1132] führt dazu aus:

Zitat

"Ein Rechtsanwalt kann die Gebühr gemäß Nr. 2300 RVG-VV auch dann nur einmal aus dem Gesamtgegenstandswert und nicht zweimal aus (dann niedrigeren) Teilgegenstandswerten verlangen, wenn die von ihm für seinen Mandanten geltend gemachte Forderung außergerichtlich nur teilweise erfüllt wird und ihm deshalb für den noch offenen Teil der Forderung Klageauftrag erteilt wird."

Ob die Gebühren für die Inanspruchnahme anwaltlicher Tätigkeit einheitlich aus einem Gesamtwert oder, was für den Rechtsanwalt insbesondere im Hinblick auf den degressiven Verlauf der Gebührentabelle regelmäßig günstiger ist, jeweils gesondert aus dann niedrigeren Teilwerten berechnet werden, hängt – wie sich aus §§ 15, 22 RVG ergibt – davon ab, ob es sich um eine oder mehrere Angelegenheiten handelt. Unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne wird dabei das gesamte Geschäft verstanden, das der Rechtsanwalt auftragsgemäß für seinen Auftraggeber besorgen soll.[1133] Vorliegend war dies die außergerichtliche Geltendmachung der gesamten Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Unfallverursacher und die hinter ihnen stehend...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge