Rz. 298

Aus der Familiengemeinschaft zwischen Eltern und Kindern kann sich bei (leicht) fahrlässiger Schadenszufügung die Pflicht des geschädigten Kindes ergeben, Ersatzansprüche (vor allem Schmerzensgeldansprüche[237]) nicht geltend zu machen, wenn die Familiengemeinschaft durch den Schadensausgleich übermäßig belastet würde.[238]

 

Rz. 299

Soweit eine Haftpflichtversicherung[239] eintrittspflichtig ist, dürfte dieser Zumutbarkeitsgedanke allerdings kaum zum Tragen kommen. Besteht eine Pflichtversicherung (z.B. Krafthaftpflichtversicherung), entspricht es weder dem gesetzlichen Anliegen der Versicherungspflicht noch dem Willen der ­Beteiligten, den Haftpflichtversicherer zu entlasten.[240] Zwar spricht i.d.R. das Bestehen von Haftpflichtversicherungsschutz für den Schädiger gegen eine stillschweigende Haftungsbeschränkung; zu bedenken ist aber, dass Haftung nicht teilbar ist und daher nicht nur soweit bestehen kann, als ein Dritter anstelle des Verantwortlichen dann zahlt (konkret als Haftpflichtversicherer Deckung gewährt); Gefahren drohen bei Überschreiten einer Versicherungssumme.

[237] OLG Karlsruhe v. 8.10.1976 – 10 U 18/76 – OLGZ 1977, 326 = r+s 1977, 103 = VersR 1977, 232.
[238] Jahnke/Thinesse-Wiehofsky, Unfälle mit Kindern und Arzthaftung bei Geburtsschäden, 1. Aufl. 2013, § 2 Rn 501, 537. Siehe auch BGH v. 18.4.1978 – VI ZR 81/76 – DAR 1978, 251 (Anm. Otzen DAR 1997, 348) = JZ 1978, 522 = MDR 1978, 1013 = NJW 1978, 2392 = r+s 1978, 211 = VersR 1978, 735 (Anm. Hartung VersR 1979, 97) = VRS 55, 85; OLG Schleswig-Holstein v. 20.2.1997 – 7 U 165/95 – OLGR Schleswig 1997, 138 = SchlHA 1997, 158 = zfs 1998, 128 (Stillschweigender Haftungsausschluss vor dem Hintergrund familiärer Beziehungen).
[239] In der allgemeinen Haftpflichtversicherung besteht häufig keine Deckung bei Schädigung von im Hause lebenden Angehörigen; siehe Nr. 7.4 und 7.5 Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) (Musterbedingungen des GDV Stand: Februar 2016). Siehe ergänzend Jahnke/Vatter, Das sozialrechtliche Angehörigenprivileg beim Arbeitsunfall im Familienkreis, NJW 2016, 1477 (zu IV.5 und VI.2). Zur Abwägung der Schutzinteressen einerseits des Opfers und andererseits der versicherten Personen siehe BGH v. 29.11.2016 – VI ZR 606/15 – DAR 2017, 137 = MDR 2017, 397 = NJW-Spezial 2017, 105 = r+s 2017, 160 = VersR 2017, 296 (zu § 829 BGB).
[240] BGH v. 29.1.2008 – VI ZR 98/07 – BGHReport 2008, 537 = DAR 2008, 265 (Anm. Richter DAR 2008, 388) = JZ 2008, 999 = MDR 2008, 688 = NJW 2008, 1591 = NZV 2008, 288 = r+s 2008, 189 (nur Ls.) (Anm. Schimikowski) = SP 2008, 171 = VerKMitt 2008, Nr. 40 = VersR 2008, 540 = VRS 114, 200 = zfs 2008, 315 (Anm. Diehl).

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