Rz. 252

Die Beweislastverteilung beim Anspruch des Direktgeschädigten gilt auch für dessen etwaige Rechtsnachfolger. Was jedem bei einer Abtretung einleuchtet, wird in der vielfach nicht durch Abtretung (privatrechtlicher Forderungsübergang), sondern vorwiegend durch gesetzliche Forderungsübergänge[188] (unjuristisch ausgedrückt "gesetzliche Zwangsabtretung") geprägten Regulierungspraxis immer wieder aus dem Auge verloren: Es geht eben nicht um Erstattung von dem Drittleistungsträger (z.B. Arbeitgeber) entstandenen Kosten oder Aufwendungen, sondern vielmehr um das Geltendmachen eines vom unmittelbar Verletzten erworbenen und danach auf seinen Rechtsnachfolger übergegangenen kongruenten Anspruchs.[189] Die Anforderungen an den Nachweis zu Anspruchsgrund und Schadenhöhe sind für den Rechte aus einer Legalzession Herleitenden (z.B. SVT nach § 116 SGB X) nicht anders, insbesondere nicht besser, als für seinen Versicherten, den unmittelbar Geschädigten.

 

Rz. 253

Die Beweislastverteilung gilt auch für die Unfallkausalität von Verletzungen und Arbeitsunfähigkeiten.[190] Der Ersatzpflichtige hat den Schaden des Verletzten zu ersetzen, nicht aber den Aufwand ("Schaden") von dessen Rechtsnachfolger.[191]

 

Rz. 254

Der Drittleistungsträger muss auch die Höhe des von ihm geltend gemachten Anspruches nachweisen.[192] Der Ersatzanspruch des Geschädigten geht zwar, soweit sachliche und zeitliche Kongruenz besteht, auf die Drittleistenden über; der Ersatzanspruch hat sich mit diesem Forderungsübergang aber weder inhaltlich noch hinsichtlich seines Volumens (Haftung dem Grunde nach, Schadenersatz der Höhe nach) verändert. Für den Nachweis reicht nicht der Hinweis auf die vom Drittleistungsträger an den Geschädigten erbrachten Leistungen aus; diese orientieren sich an der Leistungsbeziehung zwischen dem Drittleistungsträger und seinem Mitglied (bzw. Arbeitnehmer, Versicherter pp.), nicht aber am Schadenersatzrecht.[193]

 

Rz. 255

Selbst wenn man eine bloße Forderungsaufstellung durch einen SVT als öffentliche Urkunde i.S.v. § 415 ZPO wertet, erbringt diese Aufstellung nur den vollen Beweis für die Abgabe der beurkundeten Erklärung, nicht aber für deren inhaltliche Richtigkeit.[194] Soweit manchmal[195] für die gegenteilige Ansicht auf das Urteil des LG Frankfurt v. 18.3.2008 – 2–18 O 239/06 – verwiesen wird, ist dieses nicht rechtskräftig geworden.[196] Siehe auch Rdn 197.

[188] Cessio legis (Legalzession).
[189] BGH v. 23.2.2010 – VI ZR 331/08 – DAR 2010, 468 (nur Ls.) = jurisPR-VerkR 14/2010 Anm. 2 (Anm. Lang) = MDR 2010, 627 = NJW 2010, 1532 = NJW-Spezial 2010, 266 = NZV 2010, 292 = r+s 2010, 217 = SP 2010, 179 = VersR 2010, 550 = VRS 119, 65 = zfs 2010, 379; BGH v. 10.7.2007 – VI ZR 192/06 – BGHReport 2007, 1123 = BGHZ 173, 169 = DAR 2007, 639 (nur Ls.) = MDR 2007, 1370 (nur Ls.) = r+s 2007, 478 = SP 2007, 353 (nur Ls.) = VersR 2007, 1536 = VRS 113, 267 = zfs 2007, 681 (Anm. Diehl). Burmann/Jahnke, Lohnfortzahlung und Regress des Arbeitgebers bei nicht bewiesener Verletzung des Arbeitnehmers, NZV 2013, 313 m.w.H.
[190] KG v. 26.7.2001 – 12 U 1529/00 – BeckRS 2009, 24891 (Macht der Arbeitgeber den Verdienstausfallschaden seines Arbeitnehmers geltend, der aufgrund seiner Lohnfortzahlung gemäß § 6 EFZG auf ihn übergegangen ist, muss er nicht nur darlegen, in welchem Umfang er Leistungen an den Arbeitnehmer erbracht hat, sondern auch zu den Voraussetzungen des übergegangenen Schadensersatzanspruchs vortragen); OLG Oldenburg v. 27.3.2001 – 12 U 03/01 – DAR 2001, 313; OLG Thüringen v. 15.5.2012 – 4 U 661/11 – NJW-Spezial 2012, 395 = NZS 2012, 800 = r+s 2012, 360 = UV-Recht Aktuell 2013, 139; LG Berlin v. 11.10.2004 – 24 O 154/02 – SP 2005, 194 (Beihilfe für Behandlung eines Polizisten); LG Bremen v. 23.4.2009 – 7 S 196/07 – jurisPR-VerkR 5/2010 Anm. 4 (Anm. Jahnke) = SP 2009, 363; LG Chemnitz v. 16.12.2004 – 6 S 3278/04 – SP 2005, 230; LG Duisburg v. 13.7.2000 – 25 S 153/98; LG Duisburg v. 26.8.1999 – 22 S 148/99 – SP 2000, 12; LG Kassel v. 19.1.2006 – 1 S 68/05; LG Münster v. 22.8.2002 – 8 S 188/02; AG Berlin-Mitte v. 16.8.2004 – 113 C 3366/02 – SP 2005, 122; AG Coburg v. 16.10.2003 – 15 C 76/02; AG Dieburg v. 1.4.2003 – 20 C 252/02 – SP 2004, 265; AG Dortmund v. 13.2.2004 – 132 C 10527; AG Hamburg v. 1.6.2006 – 314B C 382/05; AG Hannover v. 4.5.2000 – 546 C 3998/99 – SP 2000, 339; AG Nettetal v. 24.11.2006 – 17 C 229/05 – SP 2007, 211. Siehe auch OLG Hamm v. 28.1.2002 – 6 U 124/01 – r+s 2002, 505 (Unternehmer darf sich nur dann auf vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlassen, wenn nicht tatsächliche Umstände ernsthafte Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Inhaltes ärztlicher Zeugnisse begründen). Burmann/Jahnke, Lohnfortzahlung und Regress des Arbeitgebers bei nicht bewiesener Verletzung des Arbeitnehmers, NZV 2013, 313; Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, 2. Aufl. 2012, § 1 Rn 174 ff.; Vuia NJW 2016, 1456; Wussow-Zoll, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl. 2014, Kap. 32 Rn 54.
[191] BGH v. 23.2.2010 – VI ZR 331/08 – DAR 2010, 468 ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge