Rz. 831

Auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt späterer Rückforderungen kann im Einzelfall der Ersatzpflichtige nach weiterer Sachaufklärung Rückzahlung (§ 812 BGB)[728] verlangen, wenn er aufgrund "einstweiliger" Abrechnung und "ohne Präjudiz" zahlte.[729] Das Abrechnungsschreiben des Haftpflichtversicherers enthält, jedenfalls wenn die Haftungsquote nicht streitig ist, kein Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrages.

 

Rz. 832

Bei Rechenfehlern kann die Überzahlung zurückgefordert werden.[730]

 

Rz. 833

Werden vor abschließender Klärung der Sach- und Rechtslage Vorschusszahlung "unter Rückforderungsvorbehalt" erbracht, richtet sich deren Rückforderung an § 812 BGB aus; Schwierigkeiten bereitet in diesem Zusammenhang dann § 814 BGB[731] (siehe zu § 814 BGB Rdn 25). Manchmal empfiehlt sich für den Ersatzpflichtigen bei unklarer Lage, gerade wenn es um schnelle Hilfe geht, mit dem Verletzten einen Darlehnsvertrag (ohne Zinsen) zu schließen, um einer Verschlechterung der Beweislage zu entgehen.

 

Rz. 834

Aus dem durch die Schadenabwicklung begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis erwächst eine Loyalitätspflicht (§ 242 BGB), wonach der Geschädigte den (z.B. eine Rente zahlenden) Versicherer über dessen zur Selbstschädigung führende unberechtigte Überzahlungen in Kenntnis setzen muss.[732] Die Verletzung dieser Pflicht kann zur Anwendung von § 819 Abs. 1 BGB führen.

[728] Zum Bereicherungsausgleich im Drei-Personen-Verhältnis siehe BGH v. 24.4.2001 – VI ZR 36/00 – r+s 2001, 364.
[729] OLG Saarbrücken v. 3.2.1984 – 3 U 141/82 – DAR 1984, 149 = VersR 1984, 766.
[730] OLG Hamm v. 28.9.2000 – 6 U 187/99 – openJur 2011, 82451 = r+s 2001, 235 (Doppelt gezahlter Ersatzbetrag bei 50 %-Haftung); LG Kassel v. 11.8.2000 – 10 S 134/00 – r+s 2001, 325 (Schreibfehler); AG Frankfurt v. 23.3.2004 – 30 C 188/03 – SP 2004, 303 ("Den o.g. Schaden regulieren wir wie folgt" ist eine Standardformulierung, die allenfalls die Wirkung einer Beweiserleichterung hat. Konkret Rückforderung bei Betrug.). Zur Rechtslage, wenn wegen eines Schreibfehlers in der Abfindungserklärung eine Überzahlung erfolgte, siehe Wussow WI 1981, 156.
[731] Siehe dazu OLG Saarbrücken v. 19.8.2003 – 3 U 109/03 – 10 – zfs 2003, 586 (Anm. Diehl).
[732] Siehe zur Fehlleistung einer privaten Krankenkasse AG Offenburg v. 10.2.2017 – 1 C 125/16 – (Die bloße Bezeichnung eines Versicherers als "Krankenkasse" führt nicht zu einer Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit. Rückforderungsansprüche wegen Überzahlung richten sich nicht nach sozialrechtlichen Vorschriften [§§ 50 Abs. 2, 45 SGB X], sondern direkt nach §§ 812 ff. BGB. Es besteht eine aus dem Versicherungsverhältnis erwachsene Loyalitätspflicht i.S.v. § 242 BGB, wonach der Versicherungsnehmer den Versicherer über dessen zur Selbstschädigung führende unberechtigte Überzahlungen in Kenntnis setzen muss. Im streitigen Fall war dem Entreicherungseinwand deshalb auch positive Kenntnis nach § 819 Abs. 1 BGB entgegen zu setzen.).

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