Rz. 809

 

§ 836 BGB: Haftung des Grundstücksbesitzers

(1) Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit einem Grundstück verbundenen Werks oder durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werks ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des Grundstücks, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Besitzer zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.

(2) Ein früherer Besitzer des Grundstücks ist für den Schaden verantwortlich, wenn der Einsturz oder die Ablösung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung seines Besitzes eintritt, es sei denn, dass er während seines Besitzes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können.

(3) Besitzer im Sinne dieser Vorschriften ist der Eigenbesitzer.

 

§ 837 BGB: Haftung des Gebäudebesitzers

Besitzt jemand auf einem fremden Grundstück in Ausübung eines Rechts ein Gebäude oder ein anderes Werk, so trifft ihn anstelle des Besitzers des Grundstücks die im § 836 bestimmte Verantwortlichkeit.

 

§ 838 BGB: Haftung des Gebäudeunterhaltspflichtigen

Wer die Unterhaltung eines Gebäudes oder eines mit einem Grundstück verbundenen Werks für den Besitzer übernimmt oder das Gebäude oder das Werk vermöge eines ihm zustehenden Nutzungsrechts zu unterhalten hat, ist für den durch den Einsturz oder die Ablösung von Teilen verursachten Schaden in gleicher Weise verantwortlich wie der Besitzer.

I. Struktur und Voraussetzungen der Haftung nach § 836 BGB

 

Rz. 810

§ 836 BGB ergänzt die Haftung für Verkehrspflichtverletzungen, die sich allgemein auf § 823 Abs. 1 BGB stützt. Er ist keine eigenständige Rechtsgrundlage, sondern setzt eine schuldhafte Verkehrspflichtverletzung voraus und kehrt für die dort genannten Sonderfälle lediglich die Beweislast um.[2452] Für Personen- und Sachschäden, die offensichtlich von Bauwerken ausgegangen sind, wird das Verschulden des Grundstücksbesitzers vermutet, der sich entlasten muss.[2453] Die Ausgestaltung der Norm als Haftung für eine Vermutung schuldhafter Pflichtverletzung beruht auf dem Rechtsgedanken, dass jeder für den durch seine Sachen verursachten Schaden einzustehen hat, soweit er ihn bei billiger Rücksichtnahme hätte verhüten müssen.[2454] § 836 Abs. 1 BGB geht von einer Rechtspflicht zur Sorge für die fehlerfreie Errichtung, zur Unterhaltung des Bauwerks und damit auch von einer solchen zur sorgfältigen und fortgesetzten Überwachung seines Zustands aus.[2455]

 

Rz. 811

Adressat dieser Pflicht ist der gegenwärtige oder frühere Eigenbesitzer (§ 836 Abs. 3 BGB). Eigenbesitzer (§ 872 BGB) ist, wer die tatsächliche Gewalt über das Grundstück mit dem Willen ausübt, es wie ihm gehörend zu beherrschen.[2456] Das sind in der Regel auch Vermieter[2457] und Verpächter. Das Eigentum oder der rechtmäßige Besitz sind nicht maßgebend.[2458] Die Haftung trifft den im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses aktuellen Eigenbesitzer. Der frühere Besitzer haftet nach § 836 Abs. 2 BGB innerhalb eines Jahres nach Besitzbeendigung. War der Erblasser Eigenbesitzer, wird es der Erbe ohne Weiteres.[2459] Mehrere gemeinschaftliche Eigenbesitzer haften als Gesamtschuldner gemäß § 840 Abs. 1 BGB.

 

Rz. 812

Ein Gebäude ist ein zum Aufenthalt von Menschen, Tieren oder Sachen bestimmtes Behältnis, das Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, in der Intention hergestellt wurde, die Regeln der Baukunst oder der Erfahrung zu beachten, und mit dem Grund und Boden fest verbunden ist, selbst wenn es noch unvollendet oder bereits in den Verfall geraten ist.[2460]

 

Rz. 813

Ein Werk ist ein einem bestimmten Zweck dienender Gegenstand, der in Verbindung mit dem Erdkörper und nach den Regeln der Baukunst oder der Erfahrung hergestellt wurde.[2461]

 

Rz. 814

Beispiele für mit einem Grundstück verbundene Werke:

Abwasserleitung,[2462]
Baugerüst,[2463]
Bauzaun,[2464]
Bierpavillon,[2465]
Böschung,[2466]
Brücke,[2467]
Carport,[2468]
Damm,[2469]
Fußgängertreppe,[2470]
Grabstein,[2471]
Hinweisschild,[2472]
Jagdhochsitz,[2473]
Kran,[2474]
Lichtmast,[2475]
Luftschutzanlagen,[2476]
Luftschutzstollen,[2477]
Makadamdecke auf einer Tankstelle,[2478]
Messezelt,[2479]
Rohrbrunnen,[2480]
Rohrleitung,[2481]
Schaukel,[2482]
Schleusenanlage,[2483]
Staudamm,[2484]
Steinkreuz,[2485]
Straßenlaterne,[2486]
Stromleitung,[2487]
Telefonmast,[2488]
unterirdisch verlegte Treibstoff- und Heizöltanks,[2489]
Verkaufsbude,[2490]
Verkehrsschild,[2491]
Zaun,[2492]
Zuschauertraggerüst im Zirkus.[2493]
 

Rz. 815

Der Tatbestand des § 836 Abs. 1 BGB fordert den Einsturz eines Gebäudes oder eines mit einem Grundstück verbundenen Werks oder die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werks. Einsturz ist der unbeabsichtigte Zusammenbr...

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