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Von der allgemeinen Überwachungspflicht zu unterscheiden ist die in § 831 Abs. 1 S. 2 BGB erwähnte "Leitung der Ausführung der Verrichtung". Mit "Leitung" ist gerade nicht die allgemeine Überwachung der Tätigkeit eines Verrichtungsgehilfen gemeint, "sondern eine durch die besondere Natur der Verrichtung oder durch die besonderen Eigenschaften der dazu bestellten Person bedingte Sonderaufsicht der Einzelverrichtung".[2122] Die Pflicht zur sorgfältigen Leitung der Verrichtung besteht nämlich nicht ohne weiteres, sondern nur, wenn dies nach der Verkehrsanschauung für notwendig erachtet wird.[2123] Die Erforderlichkeit richtet sich nach der Lage des Einzelfalls. Das kann bei Erforderlichkeit durch persönliche Anwesenheit des Geschäftsherrn oder durch konkrete Einzel- oder Dienstanweisungen geschehen.[2124] Dementsprechend trifft die Beweislast dafür, dass der Geschäftsherr die Ausführung einer bestimmten Verrichtung zu leiten hatte, den Geschädigten.[2125] Kann der Geschädigte dies nachweisen, so trifft den Geschäftsherrn der Nachweis, dass er hierbei die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat. Auch hierbei richten sich die Anforderungen am konkreten Einzelfall aus.

Bei der Beschaffung von Vorrichtungen und Gerätschaften handelt es sich um eine besondere Pflicht des Geschäftsherrn, die nur besteht, wenn die Ausführung der Verrichtung die Beschaffung erfordert. Dem Geschädigten obliegt der Nachweis, dass dies der Fall war; sodann muss der Geschäftsherr nachweisen, den Anforderungen genügt zu haben.[2126] Da den Geschäftsherrn bereits die allgemeine Pflicht trifft, seine Gehilfen bei der Verwendung von Werkzeug, Maschinen und Apparaten zu überwachen, wird die Beschaffung praktisch wohl nur relevant, wenn dem Geschäftsherrn insoweit die Entlastung gelungen ist und dem Geschädigten nur noch die Möglichkeit bleibt, den Schaden auf eine nicht sorgfältig abgesicherte Sachgefahr zurückzuführen.[2127] In Betracht kommt dies insbesondere bei Fahrzeugen, Werkzeugen und medizinischen Apparaten oder Sicherheitsvorrichtungen.[2128]

[2122] RG, Urt. v. 26.4.1913 – VI 572/12, RGZ 82, 206.
[2123] Juris-PK/Matusche-Beckmann, § 831 Rn 133.
[2124] BGH, Urt. v. 18.2.1969 – VI ZR 238/67, VersR 1969, 518.
[2125] Palandt/Sprau, § 831 Rn 15.
[2126] Staudinger/Bernau, § 831 Rn 159 ff.
[2127] BeckOKBGB/Förster, § 831 Rn 71.
[2128] BeckOKBGB/Spindler, § 831 Rn 43.

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