Rz. 370

Dort wo sich erkennbar Kinder aufhalten, sind Maßnahmen zu ergreifen, die Gefahrenquellen gegen typisch kindliches, unbesonnenes Verhalten absichern. Daher muss im Umgang mit Kindern mit einem alterstypisch unsachgemäßen Verhalten gerechnet und auch der kindliche Spieltrieb, die kindliche Neugier und Unerfahrenheit und ein Unvermögen in Rechnung gestellt werden, sich einer gewonnenen Erkenntnis gemäß zu verhalten. Beim Umgang mit Kindern in Kleinkinderverwahr- und -betreuungsanstalten sind erhöhte Anforderungen an Organisation und Verhalten des Personals zu stellen.[1020] Der bauliche Zustand von Kinderbetreuungseinrichtungen muss dem Bewegungsdrang, dem Spieltrieb, der Impulsivität und der Unbesonnenheit des Verhaltens der Kinder Rechnung tragen. In Räumen eines Kinderheims, in dem sich fünf Jahre alte Kinder aufhalten, sind die Fenster durch Kindersicherungen zu sichern, wenn die Kinder nicht lückenlos beaufsichtigt werden.[1021] Dagegen müssen die Fenster in einem Raum, in dem sich Kinder im Alter von zehn Jahren aufhalten, nicht mit Kindersicherungen versehen werden.[1022]

 

Rz. 371

Die den Bediensteten einer Kindertagesstätte obliegende Aufsichtspflicht über die ihnen anvertrauten Kinder ist, soweit sie der Vermeidung von Schäden Dritter dient, eine besondere Ausprägung der Verkehrssicherungspflichten, wie sie allgemein von der Grundnorm des § 823 BGB erfasst werden. Im Bereich der privatrechtlichen Haftung ist sie in § 832 BGB geregelt, der im Rahmen der §§ 823 ff. BGB einen eigenständigen Haftungstatbestand bildet.[1023] Die Beweislastregel des § 832 BGB gilt auch im Rahmen der Haftung für die Verletzung der öffentlich-rechtlichen Aufsichtspflicht nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG.[1024] Das Maß der gebotenen Aufsicht bestimmt sich nach Alter, Eigenart und Charakter der Aufsichtsbedürftigen und den Besonderheiten des örtlichen Umfeldes, dem Ausmaß der drohenden Gefahren, der Voraussehbarkeit des schädigenden Verhaltens sowie der Zumutbarkeit für den Aufsichtspflichtigen.[1025] Im Außengelände eines Kindergartens (Kindertagesstätte) ist keine Überwachung von fünf- bis sechsjährigen Kindern "auf Schritt und Tritt", aber doch eine recht engmaschige Aufsicht (Kontrolle) vonnöten.[1026]

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