Rz. 20
Ein Unterlassen wird schadensrechtlich erst dann bedeutsam, wenn eine spezielle Rechtspflicht zum Handeln besteht. Dies ist insbesondere im Bereich der Verkehrssicherungspflichten der Fall (vgl. dazu Rdn 267 ff.).[27] Eine allgemeine Pflicht, Dritte vor Schäden an Leib und Leben, Eigentum oder Ähnlichem zu bewahren, gibt es nicht.
Rz. 21
Die spezielle Rechtspflicht zum Handeln wird als Garantenpflicht bezeichnet. Insoweit kann in Anlehnung an § 13 Abs. 1 StGB die Garantenpflicht zivilrechtlich dahingehend formuliert werden, dass derjenige, der es unterlässt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Gesetzes gehört, nur dann haftet, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. Die Garantenpflicht kann sich ergeben aus dem Gesetz,[28] aus der vertraglichen oder auch nur tatsächlichen Übernahme einer Stellung oder einer Aufgabe mit Schutzfunktion,[29] aus einer engen Lebens- oder Gefahrengemeinschaft[30] und aus vorangegangenem Tun (wobei nicht jedes Tun eine Rechtspflicht nach sich zieht),[31] insbesondere dem Schaffen einer besonderen Gefahrenlage.[32] Auf den weiten Bereich der Verkehrssicherungspflichten wurde bereits hingewiesen (vgl. im Einzelnen Rdn 267 ff.).
Rz. 22
In all diesen Fällen wird die Garantenpflicht zum Handeln schadensrechtlich nur dann relevant, wenn für den Untätigen zugleich die Möglichkeit der Erfolgsabwendung bestand und das Unterlassen für das Schadensereignis kausal war.[33] Pflichtgemäßes Handeln müsste also den Eintritt des Schadens verhindert haben, wobei die Darlegungs- und Beweislast hierfür regelmäßig der Geschädigte trägt.[34] Zu beachten ist, dass ein hypothetischer Kausalverlauf bei rechtmäßigem Alternativverhalten erst dann geprüft werden darf, wenn feststeht, dass das vom Schädiger zu verantwortende Verhalten für den Schaden kausal geworden ist. Erst dann stellt sich unter Umständen die Frage, ob die auf der Pflichtverletzung beruhenden Folgen dem Schädiger billigerweise auch zugerechnet werden können.[35]
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