Rz. 269
Die dogmatische Einordnung der Verkehrssicherungspflichten ist umstritten. Eine in der Literatur vertretene Ansicht qualifiziert die Verkehrssicherungspflichten als Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB,[584] mit der Folge, dass fahrlässig verursachte Vermögensschäden nach § 823 BGB zu ersetzen wären.[585] Die h.M. ordnet sie § 823 Abs. 1 BGB zu.[586] Nach ihr sind die Verkehrssicherungspflichten Verhaltensprogramme, die durch die Schutzgüter des Absatzes 1 festgelegt sind.[587] Dies gilt sowohl für kodifizierte Schutzgüter als auch für solche, die aufgrund richterlicher Rechtsfortbildung anerkannt sind, wie das Persönlichkeitsrecht und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Indem die h.M. die Verkehrssicherungspflichten § 823 Abs. 1 BGB zuordnet, lehnt sie eine Einbeziehung des Vermögens in den Schutzbereich der Verkehrssicherungspflichten strikt ab. Das ist zutreffend. Nach Geschichte und Funktion sind die Verkehrssicherungspflichten richtigerweise § 823 Abs. 1 BGB zuzuordnen. Danach besteht kein Zweifel, dass die allgemeine Haftung für Rechtsgutsverletzungen durch Unterlassen von Absatz 1 erfasst wird. Hier dienen die Verkehrssicherungspflichten der Konkretisierung der im Verkehr erforderlichen Sorgfaltsanforderungen.[588] Darüber hinaus würde die Haftung des Ersatzpflichtigen entgegen der Grundentscheidung des Gesetzgebers, das Vermögen nicht in die Schutzgüter des § 823 Abs. 1 BGB einzubeziehen, uferlos ausgeweitet, würde das Vermögen über § 823 Abs. 2 BGB in den Schutzbereich der Verkehrssicherungspflichten einbezogen.[589]
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