A. Allgemeines

 

Rz. 1

Bereits bei Übernahme des Mandats sollte der Geschädigte darauf hingewiesen werden, dass er sich schadenmindernd zu verhalten hat (§ 254 BGB); der gegnerische Haftpflichtversicherer muss nur den Aufwand ersetzen, den ein wirtschaftlich denkender Mensch für zweckmäßig und notwendig halten darf.[1]

 

Rz. 2

Gerade bei einer klaren Haftung des Unfallgegners neigen Geschädigte dazu, einen möglichst hohen Kostenaufwand für die Schadenbeseitigung zu betreiben oder überhöhte Rechnungen von Mietwagenunternehmen und Werkstätten zu akzeptieren, da die Gegenseite ohnehin "alles bezahlen" muss.[2]

 

Rz. 3

Hier ist es Aufgabe des beauftragten Rechtsanwalts, sofort darauf hinzuweisen, dass nur der zur Schadenbeseitigung tatsächlich erforderliche Aufwand zu ersetzen ist (§ 249 Abs. 2 BGB).

[1] Grüneberg/Grüneberg, § 249 BGB Rn 12; BGH, VI ZR 312/08, VersR 2009, 1554 = r+s 2009, 525.
[2] Van Bühren, zfs 2017, 390 ff.

B. Unfallhelferringe

 

Rz. 4

Oft sucht der Geschädigte seinen Rechtsanwalt erst auf, wenn er bereits einen Reparaturauftrag erteilt, einen Sachverständigen beauftragt und einen Mietwagen in Anspruch genommen hat. Es gab und gibt immer noch eine Vielzahl von Unfallhelferringen, die einen "kompletten Unfallservice" anbieten, der angeblich für den Geschädigten ohne Risiko ist. Häufig wird ein geringer Schaden durch kollusives Zusammenwirken zwischen Werkstatt, Mietwagenunternehmen und Sachverständigen vervielfacht, ohne dass der Geschädigte darauf Einfluss nimmt oder auch Einfluss nehmen kann, weil er sich nicht um die Schadenbeseitigung kümmert.

I. Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)

 

Rz. 5

Die in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Verträge mit dem Betreiber eines "Schaden-Managements" sind gem. § 134 BGB nichtig, da ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz vorliegt; dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn mit der Abtretung der Schadenersatzansprüche die geschäftsmäßige Durchsetzung der Ansprüche ermöglicht werden soll.[3] Das OLG Frankfurt stellt darauf ab, dass der Auftraggeber eine rechtliche Prüfung der geltend gemachten Ansprüche ausdrücklich wünscht oder zumindest erkennbar erwartet.[4]

[3] Grüneberg/Ellenberger, § 134 BGB Rn 21b m.w.N.

II. Mietwagenunternehmen

 

Rz. 6

Geht es dem Mietwagenunternehmen im Wesentlichen darum, die durch Abtretung eingeräumte Sicherung zu verwirklichen, so besorgt es keine Rechtsangelegenheit des geschädigten Kunden, sondern eine eigene Angelegenheit.[5]

 

Rz. 7

Gleichwohl handelt es sich bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen des Geschädigten gegen die Haftpflichtversicherung um eine Tätigkeit in fremden Angelegenheiten. Mietwagenunternehmer erbringen nur dann keine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung, wenn die Mietwagenkosten dem Grund und der Höhe nach unstreitig sind. Dies ist auch dann der Fall, wenn eine Autovermietung in einer Vielzahl von Fällen aus abgetretenem Recht Mietwagenkosten aus dem streitigen Unfallersatztarif geltend macht.[6]

[5] BGH, VI ZR 173/04, zfs 2005, 75 = DAR 2005, 73 = MDR 2005, 331 = VersR 2005, 1257; BGH, VI ZR 251/04, zfs 2006, 88 = NZV 2006, 32 = r+s 2006, 173; BGH, VI ZR 338/04, zfs 2006, 505 = VersR 2006, 853.
[6] BGH, VI ZR 143/11, zfs 2012, 321, Wellner, BGH-Rechtsprechung zum Kfz-Sachschaden, § 5 Rn 169; BGH, VI ZR 296/11, DAR 2012, 637 = NZV 2013, 31, Wellner, BGH-Rechtsprechung zum Kfz-Sachschaden, § 5 Rn 209.

III. Prozessvollmacht

 

Rz. 8

Die Nichtigkeit der mit einem Unfallhelferring geschlossenen Verträge erstreckt sich im Regelfall nicht auf die Prozessvollmacht und den Anwaltsvertrag. Der Bundesgerichtshof geht von der Nichtigkeit der Verträge mit dem Mietwagenunternehmen aus, welches es geschäftsmäßig übernommen hatte, für unfallgeschädigte Kunden die Schadenregulierung durchzuführen. Wenn das Mietwagenunternehmen jedoch einen Anwalt empfiehlt, führe dies nicht zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrags und der erteilten Prozessvollmacht.[7]

[7] BGH, VI ZB 75/05, zfs 2007, 30 = NJW 2006, 2910.

IV. Haftpflichtversicherungen

 

Rz. 9

Auch Kfz-Haftpflichtversicherer betreiben unzulässige Rechtsbesorgung, wenn sie im Wege des "aktiven Schadenmanagements" dem Geschädigten Angebote zur Vermittlung eines Mietfahrzeuges unterbreiten.[8] Demgegenüber liegt keine unzulässige Rechtsberatung vor, wenn der in Anspruch genommene Haftpflichtversicherer des Schädigers dem Geschädigten rechtliche Hinweise gibt, dass die Honorarrechnung des beauftragten Sachverständigen unrichtig sei. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte der Haftpflichtversicherer dem Geschädigten geraten, die Honorarrechnung nicht zu begleichen und sich auf Kosten des Haftpflichtversicherers auf einen Rechtsstreit des Sachverständigen einzulassen.[9]

[8] LG Nürnberg-Fürth, 8 S 1649/05, VersR 2007, 81.
[9] BGH, I ZR 19/05, zfs 2008, 20.

1. Zentralruf

 

Rz. 10

In Unfallsachen ist eine zügige Schadenregulierung nur dann gewährleistet, wenn die eintrittspflichtige gegnerische Haftpflichtversicherung kurzfristig über den Schadenhergang und die Schadenhöhe unterrichtet wird. Eine Korrespondenz mit dem Halter oder Fahrer des schädigenden Fahrzeugs ist in der Regel überflüssig und unergiebig...

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