Rz. 116

Abgesehen vom Fall des § 650f BGB kommt ein Leistungsverweigerungsrecht auch in Betracht, wenn der Besteller fällige Zahlungsansprüche des Unternehmers auf Werklohn nicht erfüllt. Dem Unternehmer steht dann ein Leistungsverweigerungsrecht gem. § 320 BGB zu.[116]

Dabei ist zu beachten, dass das Vorliegen von Mängeln die Fälligkeit eines Zahlungsanspruchs des Unternehmers hindert[117] (§§ 632a Abs. 1 S. 2 und 4, 641 Abs. 3 BGB: Zurückbehaltungsrecht des Bestellers in der Regel in Höhe der doppelten Mängelbeseitigungskosten). Das Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln entsteht von Gesetzes wegen, ohne dass der Besteller sich vorprozessual darauf berufen müsste,[118] und lässt sogar einen bereits eingetretenen Zahlungsverzug des Bestellers wieder entfallen.[119]

Beschreibt der Besteller jedoch keine Mangelsymptome, sondern äußert nur einen Mangelverdacht, begründet dies weder Mängelrechte noch ein Zurückbehaltungsrecht.[120]

Stellt der Unternehmer seine Leistungen unter Verweis auf Zahlungsverzug des Bestellers ein, hat er also das Risiko, dass der Besteller, ggf. auch erst im Prozess, noch Mängel "nachschiebt" und sich dann die Leistungseinstellung als unberechtigt erweist (mit der möglichen Folge, dass eine auf Zahlungsverzug gestützte Kündigung des Unternehmers unwirksam oder eine auf eine unberechtigte Leistungseinstellung gestützte Kündigung des Bestellers begründet ist).

Insgesamt sind Leistungseinstellungen oder gar Kündigungen wegen ausbleibender Zahlungen häufig riskant. Zum Zeitpunkt der Kündigung kann meist keine der Parteien sicher übersehen, wie die Angelegenheit nach ggf. langjährigem Rechtsstreit und umfangreichem Sachverständigenbeweis ausgehen wird. Für eine der beiden Seiten bedeutet das, dass nach Jahr und Tag noch das böse Erwachen folgen kann. In der Beratungspraxis sollte auf diese Risiken deutlich hingewiesen werden.

[116] Im VOB/B-Vertrag nur unter zusätzlichen Voraussetzungen: § 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB/B.
[117] Zu den prozessualen Folgen in der Zahlungsklage des Unternehmers, insbesondere Fälle der Zug-um-Zug-Verurteilung s. Werner/Pastor, Rn 3011 ff.
[120] OLG Schleswig v. 27.4.2018 – 1 U 90/15 – BauR 2022, 273.

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