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Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ist viel zu wenig Aufmerksamkeit jenen Kriterien geschenkt worden, die von der Rechtsprechung als nicht ausschlaggebend eingestuft werden. Wenn man sich gemäß dem Konzept des ersten Referentenentwurfs aus dem BMAS vom November 2015 für eine detailliertere Regelung entschieden hätte, dann hätten im Interesse der Ausgewogenheit und der Rechtssicherheit auch diese Merkmale in das "restatement" der Rechtsprechung aufgenommen werden müssen. Sie sind sowohl bei der Abgrenzung des Arbeitnehmers vom Soloselbstständigen als auch bei der Grenzziehung zwischen einem Fremdpersonaleinsatz auf der Grundlage von Werk- oder Dienstverträgen und der Arbeitnehmerüberlassung zu berücksichtigen.[49] Zu diesen nicht ausschlaggebenden Merkmalen zählen

die Dauer der Tätigkeit im Einsatzbetrieb[50] und
auch beim Soloselbstständigen/freien Mitarbeiter werkbezogene Anweisungen[51] zu Fertigungsmethoden, Anforderungen an die Qualität, Stückzahl etc. Sie sind Ausdruck des werkvertraglichen Weisungsrechts aus § 645 BGB[52] und von arbeitsrechtlichen Weisungen zu unterscheiden.
Unbeachtlich sind aber auch gelegentliche arbeitsrechtliche Einzelweisungen, die nicht in einem Fortsetzungszusammenhang stehen. Schädlich ist erst ein fortgesetztes Verhalten des Auftraggebers, bei dem durch ein System von Weisungen eine Einbindung des Arbeitnehmers in die Organisation des Auftraggebers erfolgt. Die Beweislast hierfür liegt beim Arbeitnehmer.
Von besonderer praktischer Relevanz ist schließlich im Sinne einer vierten Besonderheit, dass das BAG in vielen Entscheidungen[53] zu Recht betont, dass der Umstand, dass eine Dienstleistung in gleicher oder ähnlicher Weise auch von eigenen Arbeitnehmern des Auftraggebers erbracht wird oder wurde, für die Statusbeurteilung nicht ausschlaggebend ist.
[49] Vgl. auch Franzen, RdA 2015, 141, 142.
[50] BAG v. 13.5.1992 – 7 AZR 284/91, EzA AÜG § 10 Nr. EZA AÜG § 4 (unter I.5.b), NZA 1993, 357; ArbG Freiburg v. 30.1.2007 – 3 Ca 174/06, EzA AÜG § 631 BGB Werkvertrag Nr. 45.
[51] Zur Abgrenzung zwischen werk- und arbeitsbezogenen Weisungen Boemke, in FS: Hoyningen-Huene (2014), S. 43, 52 ff.; Greiner, NZA 2013, 697, 700 f.
[53] BAG v. 5.5.1992 – 1 ABR 78/91, AP Nr. 97 zu § 99 BetrVG 1972 (unter B.II.2); LAG Hessen v. 19.11.2007 – 16 Sa 569/07, EzA Nr. 3 zu § 10 AÜG Inhalt; LAG Düsseldorf v. 11.5.2012, LAGE Nr. 15 zu § 99 BetrVG Rn 34; zuletzt BAG v. 13.5.2014 – 1 ABR 50/12, NZA 2014, 1149 Rn 22.

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