Rz. 358

Die Verschwiegenheitspflicht ergibt sich unmittelbar aus dem Anwaltsvertrag.[1339] Berufsrechtlich enthält § 43a Abs. 2 BRAO (§ 2 BORA; § 57 Abs. 1 StBerG; § 62 StBerG; § 43 Abs. 1 WPO) eine gesetzliche Regelung.[1340] Die Pflicht des Rechtsanwalts zur Verschwiegenheit bezieht sich danach auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufs bekannt geworden ist. Eine Ausnahme macht das Gesetz lediglich für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.[1341] § 2 BORA konkretisiert § 43a Abs. 2 BRAO. In Abs. 2 wird insb. hervorgehoben, dass die Verschwiegenheitspflicht nach Beendigung eines Mandats (insb. auch nach dem Tod des Mandanten) fortbesteht. Nichts anderes gilt für die Verschwiegenheitspflicht aus dem Anwaltsvertrag.[1342] Gem. § 2 Abs. 4 BORA ist ein Rechtsanwalt verpflichtet, seine Mitarbeiter und alle sonstigen Personen, die bei seiner beruflichen Tätigkeit mitwirken, ausdrücklich zur Verschwiegenheit zu verpflichten und anzuhalten. Entsprechendes gilt gem. § 62 StBerG für den Steuerberater.

 

Rz. 359

Eine besondere Ausprägung findet die Verschwiegenheitspflicht in §§ 203 bis 205 StGB. Nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB macht sich ein Rechtsanwalt (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) strafbar, der unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart, das ihm als Rechtsanwalt (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) anvertraut oder sonst bekannt geworden ist. § 203 Abs. 4 StGB betont ausdrücklich, dass die Strafbarkeit durch den Tod des Betroffenen nicht ausgeschlossen wird. Nach dem Tod des Beraters trifft die Verschwiegenheitspflicht denjenigen, der das Geheimnis von dem Verstorbenen oder aus dem Nachlass erlangt (§ 203 Abs. 3 Satz 3 StGB). § 204 StGB verschärft die Strafandrohung, wenn der Rechtsanwalt ein fremdes Geheimnis, zu dessen Geheimhaltung er nach § 203 StGB verpflichtet ist, unbefugt verwertet. Ein Verstoß gegen §§ 203, 204 StGB kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB auch zu einer zivilrechtlichen Haftung führen.[1343]

 

Rz. 360

Im Hinblick auf den unbefugten Umgang mit Insiderinformationen über börsennotierte Gesellschaften, von denen der Rechtsanwalt im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit Kenntnis erlangt, muss ein Rechtsanwalt die Vorschriften des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) beachten.

[1339] Henssler, NJW 1994, 1817, 1818; Vollkommer/Greger/Heinemann, § 15 Rn 3.
[1340] Parallel gilt § 57 Abs. 1 StBerG für Steuerberater und § 43 WPO für Wirtschaftsprüfer.
[1341] Hartung, in: Hartung, BORA/FAO, § 2 Rn 23.
[1342] Borgmann/Jungk/Schwaiger, § 24 Rn 172 ff.; Vollkommer/Greger/Heinemann, § 15 Rn 3.
[1343] Herrmann, DB 1997, 1017, 1020 f.; Palandt/Sprau, BGB, § 823 Rn 57 ff.

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