Rz. 160

Bei der Arbeitseinkommenspfändung werden solche Gläubiger bevorrechtigt, die wegen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs pfänden; das sind der Ehegatte/Lebenspartner, der getrenntlebende Ehegatte/Lebenspartner, der frühere Ehegatte/Lebenspartner, Verwandte in gerader Linie, ein Elternteil nach §§ 1615l, 1615n, BGB.

 

Rz. 161

Bei der Pfändung wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche der zuvor genannten Personen berechnen sich die Pfändungsfreigrenzen nicht nach der amtlichen Tabelle zu § 850c ZPO. Der unterhaltsverpflichtete Schuldner muss sich zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten weit mehr einschränken, als dies zur Befriedigung der Ansprüche eines "normalen" Gläubigers erforderlich ist. Die Unterhaltsberechtigten sollen nicht mit ihren Ansprüchen der Allgemeinheit zur Last fallen. Der unpfändbare Betrag ist somit durch das Vollstreckungsgericht ziffernmäßig festzusetzen, eine Bezugnahme auf die amtliche Lohnpfändungstabelle ist nicht zulässig.

 

Rz. 162

Auch bei der Zugriffsmöglichkeit auf die grds. unpfändbaren Bezüge nach § 850a ZPO erfolgt eine Verschärfung, indem nur noch unpfändbar sind:

1/4 der für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Lohnanteile,
1/2 der Urlaubsvergütung etc.,
1/4 des Weihnachtsgelds, dessen Höhe sich nach Aufrundung des monatlichen Freibetrags nach § 850c Abs. 1 i.V.m. mit Abs. 4 ZPO auf den nächsten vollen 10-Euro-Betrag ergibt.
 

Rz. 163

Das Vollstreckungsprivileg der bevorrechtigten Pfändung gilt für:

laufende Unterhaltsansprüche,
Rückstände, die nicht länger als ein Jahr vor dem Antrag auf Erlass des Pfändungsbeschlusses fällig geworden sind.
 

Rz. 164

Um den Nachweis der Vollstreckungsprivilegierung eines Unterhaltsanspruchs gemäß § 850d Abs. 1 S. 1 ZPO zu erbringen, muss der Gläubiger einen Titel vorlegen, aus dem sich – gegebenenfalls im Wege der Auslegung – ergibt, dass der Vollstreckung ein Unterhaltsanspruch der in § 850d Abs. 1 S. 1 ZPO genannten Art zugrunde liegt. Die Bevorrechtigung des Gläubigers gemäß § 850d Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 1609 BGB gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten muss sich hingegen nicht aus dem Titel ergeben.[268]

Eine Privilegierung nach § 850d ZPO wird durch einen Vollstreckungsbescheid daher nicht begründet.[269] Diese Auffassung gilt allerdings nicht uneingeschränkt, wie das LG Dresden und das LG Hannover feststellen.[270] Nach Ansicht des LG Dresden genügt die Vorlage des Bewilligungsbescheides entgegen dem Wortlaut von § 7 Abs. 5 UVG nicht, um die Privilegierung nach § 850d Abs. 1 S. 1 ZPO festzustellen. Vielmehr ist auch die Geburtsurkunde des Unterhaltsberechtigten oder ein anderes aussagekräftiges Dokument vorzulegen, um nachzuweisen, dass es sich bei dem Schuldner um den Unterhaltspflichtigen handelt. Soweit der BGH annimmt, der Nachweis der Vollstreckungsprivilegierungen eines Unterhaltsanspruches sei nicht durch die Vorlage des Vollstreckungsbescheides möglich, ist diese Rechtsprechung überholt durch die Gesetzesänderung in § 7 Abs. 5 UhVorschG.[271] Nach dem nunmehr geltenden Recht genügt als Nachweis für die Vollstreckungsprivilegierung die Vorlage des Bewilligungsbescheides. Mit dieser Gesetzesänderung hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er – abweichend von der grundsätzlichen Verteilung der Aufgaben zwischen Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren – dem Gläubiger im Vollstreckungsverfahren die Möglichkeit geben will, die Vollstreckungsprivilegierungen eines Unterhaltsanspruches nach § 850d Abs. 1 S. 1 ZPO zu behaupten und nachzuweisen. Insofern nähert der Gesetzgeber die Zwangsvollstreckung dieser übergegangenen Ansprüche der Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Titel an, bei denen sich das Vollstreckungsorgan auf Angaben der an Recht und Gesetz gebundenen Verwaltung verlässt. Der Bewilligungsbescheid in Kombination mit dem Vollstreckungsantrag und dem Vollstreckungsbescheid genügt, um den für die Vollstreckung nach § 850d ZPO erforderlichen Nachweis zu führen, dass aus Unterhaltsforderungen vollstreckt wird.[272]

Nach Auffassung des LG Dresden genügt aber entgegen dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 UVG die Vorlage des Bewilligungsbescheides nicht, um die Vollstreckungsprivilegierungen eines Unterhaltsanspruches nach § 850d Abs. 1 S. 1 ZPO festzustellen. Denn dem Bewilligungsbescheid ist regelmäßig der Name des Unterhaltspflichtigen, also des Schuldners im Zwangsvollstreckungsverfahren, nicht zu entnehmen; auch wird dieser Bescheid dem Unterhaltspflichtigen nicht bekannt gegeben. Allein die Angabe des Gläubigers, bei dem Schuldner handele sich um den Unterhaltspflichtigen, gegen den die Ansprüche übergegangen sind, genügt daher nicht. Vielmehr ist auch ein aussagekräftiges Dokument vorzulegen, wie hier die Geburtsurkunde des Unterhaltsberechtigten, das diese Lücke schließt.

Noch anders entscheidet das LG Dessau-Roßlau: Hinsichtlich der Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen reduziert sich die formale Prüfungskompetenz des Vollstreckungsgerichts auf die Frage, ob der beigefügte Bewilligungsbeschei...

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