Rz. 96

Folgende Prädikate stehen zur Einstufung des gutachterlichen Ergebnisses zur Verfügung,[56] denen folgende prozentuale Abstufungen zugeordnet sind:

 
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit identisch 99,72 %
höchst wahrscheinlich identisch 99 %
sehr wahrscheinlich identisch 90 – 95 %
wahrscheinlich identisch > 50 %
Identität nicht entscheidbar 50 %
wahrscheinlich nicht identisch > 50 %
sehr wahrscheinlich nicht identisch 90 – 95 %
höchst wahrscheinlich nicht identisch 99 %
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht identisch 99,72 %

Festgelegte Zwischenabstufungen existieren zwischen den genannten Prozentangaben nicht.

 

Rz. 97

Aufgrund der fehlenden allgemeingültigen Merkmalshäufigkeiten können prozentuale Wahrscheinlichkeiten anhand der ausgewerteten Merkmale nicht errechnet werden. Die Festlegung eines Prädikates erfolgt nach Ermessen des Gutachters basierend auf dessen Erfahrung. Die prinzipielle Entscheidung bzgl. Identität oder Nichtidentität bildet sich bereits im Verlauf des Bildvergleiches heraus. Die genaue Einstufung des gutachterlichen Ergebnisses in ein Wahrscheinlichkeitsprädikat kann sich hingegen schwieriger gestalten. Häufig schwankt der Gutachter zwischen zwei benachbarten Prädikaten. Die Einordnung erfolgt meist, mangels weiterer Anhaltspunkte, anhand der eigenen Erfahrung und Einschätzung. Jeder Gutachter führt somit einen internen Standard. I.R.d. Erfahrungsaustausches zwischen Gutachtern wird häufig deutlich, dass bei der prinzipiellen Frage nach Identität oder Nichtidentität meist Einigkeit besteht, einige Gutachter jedoch eher zur Vergabe höherer Prädikate neigen, andere eher niedrige Wahrscheinlichkeitsprädikate bevorzugen. An dieser Stelle stellt sich die Frage, inwieweit eine Reduktion der Prädikatsstufen von Vorteil wäre und zu einer Harmonisierung der Prädikatsvergabe zwischen den einzelnen Gutachtern führen würde. In jedem Fall sollte die Prädikatsvergabe erläutert werden. Insb. muss hieraus hervorgehen, ob ein niedriges Prädikat sich eher auf Zweifeln bzgl. Identität/Nichtidentität oder auf die technischen Bildeigenschaften (eingeschränkte Auflösung, ungenügende Ausleuchtung usw.) gründet. Für die richterliche Bewertung stellt dies einen grundlegenden Unterschied dar. Bei deutlich eingeschränkter Bildqualität empfiehlt es sich generell, auf ein eher niedriges Prädikat zurückzugreifen, da höhere Prädikate dem Gericht in diesen Fällen eine falsche Sicherheit vermitteln.

 

Rz. 98

Auch bzgl. möglicher Ausschlüsse besteht nicht immer Einigkeit. Nach Meinung einiger Gutachter ist auch bei einer sehr eingeschränkten Bildqualität zumindest die Feststellung von (wenn vorhanden) Ausschlusskriterien, also nicht übereinstimmenden Merkmalen, möglich. Für das Erfassen von Merkmalsunterschieden wird jedoch genauso wie für die Feststellung von Merkmalsgleichheiten eine detailgenaue Darstellung der beurteilten Struktur verlangt. Lediglich sehr große Abweichungen können somit auch auf Bildern mit eingeschränkter Auflösung erkannt werden. Ein Ausschluss sollte mit der gleichen Sorgfalt überprüft werden, wie die Kriterien für einen Einschluss und auch diese Entscheidung erfordert eine Mindestqualität des Bildmaterials. Keinesfalls sollte ein Ausschluss leichtfertig und auf der Grundlage schlechter Bildqualität erfolgen.

Werden in einen Vergleich mehrere Familienangehörige einbezogen, so dürfen bei der Auswahl des Prädikates die betrachteten Personen nicht als Grundgesamtheit angesehen werden, da sich ansonsten ein zu hohes Prädikat ergibt. Die Grundgesamtheit ist auch in diesen Fällen nicht die betrachteten Personen oder die betroffene Familie, sondern weiterhin die Gesamtbevölkerung.

[56] Buhmann D, Helmer RP, Jaeger U, Jürgens HW, Knußmann R, Rösing FW, Schmidt HD, Szilvassy J, Ziegelmayer G (1999) Standards für die anthropologische Identifikation lebender Personen nach Bildern. Kriminalistik 4: 246 – 248.

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