1. Allgemeines

 

Rz. 182

Der Versicherungsnehmer hat für das Fehlverhalten Dritter bei der Verletzung von Obliegenheiten oder der Herbeiführung des Versicherungsfalls nur in Ausnahmefällen einzustehen.[233]

In der Kaskoversicherung wirkt die Leistungsfreiheit des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer gem. F.3 AKB auch gegenüber allen mitversicherten und sonstigen Personen, die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen.

 

Hinweis

Ist in der Kfz-Haftpflichtversicherung der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer leistungsfrei, so bleibt gem. § 123 Abs. 1 VVG (§ 158 i VVG a.F.) gegenüber den mitversicherten Personen die Leistungspflicht zu den gesetzlichen Mindestversicherungssummen bestehen, wenn die Umstände der Leistungsfreiheit nicht in der Person des Versicherten vorliegen und ihm auch unbekannt waren und die Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht.

Ausnahme: wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag in Unkenntnis des Fahrers gekündigt hat (vgl. Rdn 225).

 

Rz. 183

Für alle Sparten gilt: Besteht Leistungsfreiheit aufgrund Obliegenheitsverletzung durch eine mitversicherte Person, berührt dies den Anspruch des Versicherungsnehmers oder weiterer mitversicherter Personen auf Versicherungsschutz grundsätzlich nicht, es sei denn, die mitversicherte Person ist Repräsentant des Versicherungsnehmers, oder der Versicherungsnehmer, Halter oder Eigentümer hat die Obliegenheitsverletzung in der Kfz-Haftpflichtversicherung gem. D.1.2 oder D.1.3 AKB schuldhaft ermöglicht.[234]

Das Gleiche gilt für subjektive Risikoausschlüsse: Auch das Herbeiführen des Versicherungsfalls durch den mitversicherten Fahrer (§§ 81, 102 VVG) ist dem Versicherungsnehmer grundsätzlich nicht zuzurechnen.[235]

Bei Miteigentum des Versicherungsnehmers und eines Dritten an dem Kfz bleibt der Versicherer in der Kaskoversicherung in Höhe des Miteigentumsanteils leistungsverpflichtet, sofern lediglich der Dritte einen zur Leistungsfreiheit führenden Tatbestand erfüllt hat.[236] Dies beruht darauf, dass in der Kaskoversicherung zumindest bei Versicherung des eigenen Risikos das Fehlverhalten Dritter nur zugerechnet werden kann, sofern es sich um einen Repräsentanten handelt.

[233] Vgl. Knappmann, VersR 1997, 261 ff.; Römer/Langheid, § 6 VVG Rn 114 ff. und § 61 VVG Rn 8 ff.; Prölss/Martin, § 6 VVG Rn 47 ff.
[234] BGH VersR 1965, 149; 1966, 674; Prölss/Martin, § 79 VVG Rn 2; Stiefel/Hofmann, § 2 b AKB Rn 9.
[235] BGH VersR 1971, 239; 1981, 40; 1990, 888; OLG Köln VersR 1982, 383; OLG Hamm VersR 1993, 1372; r+s 1996, 435 m. Anm. Lemcke; OLG Koblenz VersR 1994, 716; OLG Schleswig VersR 1995, 827; OLG Oldenburg VersR 1999, 482; Römer/Langheid, § 79 VVG Rn 4; Prölss/Martin, § 79 VVG Rn 2.

2. Fremdversicherung

 

Rz. 184

Der Versicherungsnehmer haftet für Kenntnis und Verhalten des wahren wirtschaftlich Versicherten (Fremdversicherung) über § 47 VVG genauso wie für sein eigenes. Ein grob fahrlässiges Fehlverhalten des Eigentümers als Versichertem muss sich der Versicherungsnehmer deshalb unabhängig von der Repräsentanteneigenschaft zurechnen lassen.[237]

 

Rz. 185

In der Kaskoversicherung fallen Versicherungsnehmer und Eigentümer des Fahrzeugs häufig auseinander, z.B. wenn der Versicherungsnehmer eine günstigere Prämie in Anspruch nehmen kann oder wenn das Fahrzeug geleast oder finanziert ist. Dann liegt eine Fremdversicherung vor. Denn das Sachersatzinteresse des nutzungsberechtigten Nichteigentümers ist nicht versichert.[238] Bei einem Leasingfahrzeug zieht dies nach sich, dass lediglich der Leasinggeber als Eigentümer Ersatzleistung aus der Fahrzeugversicherung beanspruchen kann.[239]

Die Kfz-Haftpflichtversicherung umfasst gem. A.1.2 AKB eine Eigen- und eine Fremdversicherung.

[237] OLG Koblenz VersR 2004, 1410; OLG Köln zfs 2003, 553; Römer/Langheid, § 79 VVG Rn 4.
[238] BGH VersR 1994, 85.
[239] BGH VersR 2008, 510.

3. Repräsentant

 

Rz. 186

In der Kaskoversicherung kann fremdes Verhalten dem Versicherungsnehmer nicht zugerechnet werden. Der Versicherungsnehmer hat jedoch für das Fehlverhalten seines Repräsentanten wie für eigenes einzustehen.[240] Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen zwei Typen von Repräsentanten, dem Risikoverwalter und dem Vertragsverwalter.[241] Den Versicherer trifft die Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Stellung als Repräsentant ergibt.[242] Das Verhalten des GmbH-Geschäftsführers ist der GmbH als Versicherungsnehmerin stets und unabhängig von den Voraussetzungen der Repräsentantenhaftung zuzurechnen.[243]

 

Hinweis

In der Kfz-Haftpflichtversicherung ist jedoch generell das Fahrverhalten eines Fahrers, auch wenn er Repräsentant ist, dem Versicherungsnehmer nicht zuzurechnen.

 

Rz. 187

Das Verhalten des Dritten ist in der Kfz-Haftpflichtversicherung nach A.1.2.c AKB ausdrücklich in den Versicherungsschutz einbezogen. Die Haftpflichtversicherung soll den Versicherungsnehmer auch vor den Gefahren schützen, die auf dem Gebrauch des Fahrzeugs durch Dritte beruhen.[244] Dies gilt wegen des Sachzusammenhangs auch dann...

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