Rz. 195

Der Umfang der Kfz-Haftpflichtversicherung ergibt sich aus Abschnitt A.1 AKB.

1. Befreiungs- und Rechtsschutzanspruch des Versicherungsnehmers

 

Rz. 196

Wie jeder Haftpflichtversicherer hat auch der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer den Versicherungsnehmer und die mitversicherten Personen von Schadenersatzansprüchen freizustellen, die gegen sie erhoben werden. Auch nach der Wortwahl des Abschnitts A.1 AKB umfasst die Leistung des Versicherers die Befriedigung begründeter und die Abwehr unbegründeter Schadenersatzansprüche, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen erhoben werden, wenn durch den Gebrauch des im Vertrag bezeichneten Fahrzeuges

Personen verletzt oder getötet werden
Sachen beschädigt oder zerstört werden oder abhandenkommen
Vermögensschäden herbeigeführt werden, die weder mit einem Personen- noch mit Sachschaden mittelbar oder unmittelbar zusammenhängen (reine Vermögensschäden).
 

Rz. 197

Die Haftpflichtversicherung umfasst auch die Pflicht des Versicherers, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zu tragen, die durch die zivilprozessuale Verteidigung gegen den von einem Dritten geltend gemachten Anspruch entstehen (§ 101 Abs. 1 S. 1 VVG; A. 1.1.3 AKB). Die Kosten, die in einem Strafverfahren gegen den Versicherungsnehmer anfallen, sind vom Versicherer nur zu übernehmen, wenn sie auf seine Weisung aufgewendet worden sind (§ 101 Abs. 1 S. 2 VVG).

2. Gebrauch des Fahrzeugs

 

Rz. 198

Die im Abschnitt A.1.1 AKB beschriebenen Schäden müssen "durch den Gebrauch des im Vertrag bezeichneten Fahrzeugs" entstanden sein. Der Begriff des Gebrauches umfasst den des Betriebes i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG, geht aber noch darüber hinaus.[255] Gedeckt sind die typischen, vom Gebrauch des Fahrzeuges selbst und unmittelbar ausgehenden Gefahren,[256] z.B. auch Schweißarbeiten zur Reparatur eines Fahrzeugs.[257] Durch den Wortlaut der AKB ist nun auch klargestellt worden, dass neben dem Fahren auch das Ein- und Aussteigen sowie das Be- und Entladen zum Gebrauch gehören. Nicht unter den Versicherungsschutz fallen Schäden, die nur gelegentlich des Gebrauchs des Fahrzeuges entstehen.[258] Ausgegrenzt werden sollen die Bereiche der Privathaftpflicht- und der Betriebshaftpflichtversicherung.[259]

 

Rz. 199

Abschnitt A.1 AKB setzt voraus, dass ein Anderer geschädigt worden ist und meint damit, dass ein Dritter einen Haftpflichtanspruch geltend macht; beschädigt der Fahrer ein eigenes anderes Fahrzeug, ist der Kfz-Haftpflichtversicherer nicht eintrittspflichtig.[260]

[255] BGH VersR 1966, 817; 1989, 1187; 1995, 90; OLG Saarbrücken VersR 1998, 972; OLG Frankfurt r+s 1997, 142; OLG Hamm r+s 1999, 55 = VersR 1999, 882 (Unfall eines Kaufinteressenten bei Besichtigung eines Wohnmobils); VersR 2000, 1271 (Unfall bei Versuch, anderes Fahrzeug nach vorausgegangenem Unfall anzuhalten).
[256] BGH VersR 1994, 83; 1995, 90.
[257] BGH VersR 1988, 1283; 1990, 482; verneinend OLG Köln NVersZ 1999, 395 (Werkstattbrand ohne äußere Einwirkung auf das Fahrzeug).
[258] BGH VersR 1984, 854.
[259] Vgl. insgesamt Prölss/Martin, § 10 AKB Rn 5–13; Bauer, Rn 751–761; Hofmann, NVersZ 1998, 54 ff.; Schug, VersR 1998, 819, jeweils m.w.N.
[260] OLG Hamm zfs 1996, 457 = r+s 1997, 58 m. abl. Anm. Lemcke, VersR 1997, 303.

3. Regulierungsvollmacht des Versicherers

 

Rz. 200

Nach A.1.1.4 AKB gilt der Versicherer als bevollmächtigt, im Namen der versicherten Personen alle ihm zur Befriedigung oder Abwehr der geltend gemachten Haftpflichtansprüche zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens abzugeben. Der Versicherer ist aufgrund von A.1.1.4 AKB auch zur Entgegennahme rechtsverbindlicher Erklärungen befugt.[261] Ist der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer oder den mitversicherten Personen leistungsfrei, besteht diese Vollmacht nicht.[262]

 

Rz. 201

Wie der Versicherer seine Regulierungspflicht erfüllt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Solange keine unsachgemäße, willkürliche Regulierung der Ansprüche eines (angeblich) Geschädigten feststellbar ist, darf er auch gegen den Willen seines Versicherungsnehmers die Ansprüche ausgleichen.[263] Die Regulierung muss damit nicht objektiv zutreffend sein. Bei offensichtlich unsachgemäßer Regulierung unbegründeter Ansprüche hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer jedoch die Prämiennachteile zu erstatten.[264]

 

Rz. 202

Die telefonische Äußerung des Sachbearbeiters eines Versicherers gegenüber dem Geschädigten, der Versicherer werde zu 100 % eintreten, ist ein auch für den Versicherungsnehmer nach A.1.1.4 AKB abgegebenes Anerkenntnis des Versicherers.[265]

[261] BGH VersR 1973, 711.
[262] BGH VersR 1987, 924.
[263] LG Coburg SP 2009, 410.
[264] OLG Köln VersR 1985, 632; r+s 1992, 261; AG Essen r+s 2000, 5; vgl. auch BGH VersR 1981, 180.

4. Mitversicherte Personen

 

Rz. 203

Mitversicherte Personen sind nach A.1.2 AKB der Halter, der Eigentümer, der Fahrer, in bestimmten Situationen der Beifahrer, der Omnibusschaffner und der Arbeitgeber oder öffentliche Dienstherr. Mitversicherte Personen können ihre Versicherungsansprüc...

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