1. Typischer Sachverhalt

 

Rz. 1070

Die A-GmbH mit 400 Mitarbeitern und die B-GmbH mit 200 Mitarbeitern führen beide jeweils mehrere Betriebe, für die jeweils Betriebsräte bestehen. Darüber hinaus bestehen für beide Unternehmen Gesamtbetriebsräte sowie Wirtschaftsausschüsse. Es gelten in beiden Unternehmen sowohl Einzelbetriebsvereinbarungen als auch Gesamtbetriebsvereinbarungen zu jeweils denselben Regelungsgegenständen (Arbeitszeit, Vergütung etc.). Tarifverträge finden weder unmittelbar noch im Wege der arbeitsvertraglichen Inbezugnahme Anwendung.

Die B-GmbH soll auf die A-GmbH im Wege der Aufnahme verschmolzen werden. Die A-GmbH soll sämtliche Betriebe der B-GmbH zum Verschmelzungsstichtag übernehmen, die sie unverändert weiterführt (Variante: Ein Betrieb der B-GmbH wird im Zuge der Verschmelzung verlegt, worüber bereits mit dem zuständigen Betriebsrat ein entsprechender Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen worden ist).

2. Rechtliche Grundlagen

a) Umwandlungsformen nach dem UmwG

 

Rz. 1071

§ 1 Abs. 1 UmwG bestimmt die vier Grundformen der Unternehmensumwandlung: Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung und Formwechsel.

Im Rahmen der Verschmelzung (§§ 2 ff. UmwG) übertragen ein oder mehrere Rechtsträger das gesamte Vermögen auf einen anderen schon bestehenden (Verschmelzung zur Aufnahme) oder neu zu gründenden Rechtsträger (Verschmelzung zur Neugründung). Die übertragenden Rechtsträger erlöschen dabei im Wege der Auflösung ohne Abwicklung. Als Gegenleistung werden den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers Anteile oder Mitgliedschaften am übernehmenden oder neuen Rechtsträger gewährt.

Die Spaltung (§§ 123 ff. UmwG) ist in drei Arten möglich: als Aufspaltung, Abspaltung oder Ausgliederung. Im Falle der Aufspaltung überträgt ein Rechtsträger unter Auflösung ohne Abwicklung sein Vermögen durch gleichzeitige Übertragung der Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf zwei oder mehrere andere (bestehende oder neu gegründete) Rechtsträger. Bei der Abspaltung hingegen überträgt ein Rechtsträger lediglich einen Teil oder mehrere Teile seines Vermögens jeweils als Gesamtheit auf einen oder mehrere andere Rechtsträger. Sowohl bei der Auf- als auch bei der Abspaltung werden den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers als Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens Anteile oder Mitgliedschaften an dem anderen Rechtsträger gewährt. Bei der Ausgliederung gelangen im Unterschied zur Abspaltung die als Gegenleistung gewährten Anteile nicht in das Vermögen der Anteilsinhaber, sondern in das Vermögen des übertragenen Rechtsträgers selbst. Damit vollzieht sich die Ausgliederung nur auf Rechtsträgerebene, nicht auf der Anteilseigner- oder Mitgliederebene. Bei sämtlichen Spaltungsarten ist auch eine gleichzeitige Übertragung sowohl auf bestehende als auch auf neu gegründete Rechtsträger möglich (§ 123 Abs. 4 UmwG).

Bei der Vermögensübertragung (§§ 174 ff. UmwG) werden den Anteilseignern des übertragenden Rechtsträgers – im Unterschied zur Verschmelzung und Spaltung – als Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens (Vollübertragung) oder eines Teils davon (Teilübertragung) keine Beteiligungen am übertragenden Rechtsträger, sondern ein Gegenwert in anderer Form (besonderes Entgelt) gewährt.[2582] Diese Übertragungsform ist auf die Besonderheiten von Umwandlungsvorgängen unter Beteiligung öffentlich-rechtlicher Rechtsträger zugeschnitten.

Bei einem Formwechsel (§§ 190 ff. UmwG) ändert sich lediglich die Rechtsform und somit die rechtliche Struktur des Rechtsträgers. Die rechtliche und wirtschaftliche Identität bleiben hingegen gewahrt und die bisherigen Anteilsrechte grundsätzlich bestehen.

[2582] Fandel, Angabepflicht, S. 18; Wlotzke, DB 1995, 40.

b) Die arbeitsrechtlichen Angabepflichten nach dem UmwG

 

Rz. 1072

Für jede Umwandlungsform ist gesetzlich bestimmt, welche zwingenden Mindestangaben der einer Umwandlung zugrunde liegende Umwandlungsvertrag, -plan oder -beschluss (im Folgenden: "Umwandlungsdokument") zu enthalten hat, z.B. für den Fall der Verschmelzung in § 5 Abs. 1 UmwG. Hierzu gehören gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG auch die Folgen der Verschmelzung für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie die insoweit vorgesehenen Maßnahmen.[2583] Entsprechende Angabepflichten gelten für die anderen Umwandlungsformen nach §§ 126 Abs. 1 Nr. 11, 176 Abs. 1, 177 Abs. 1 und 194 Abs. 1 Nr. 7 UmwG.[2584]

Inhalt und Umfang der arbeitsrechtlichen Pflichtangaben sind im UmwG nicht näher definiert und in Rechtsprechung und Literatur nicht abschließend geklärt. Allerdings fällt die Umwandlung – vom reinen Formwechsel abgesehen – in der Praxis häufig mit einem Betriebs(teil)übergang nach § 613a BGB zusammen. In diesem Fall sind die sich aus § 324 UmwG i.V.m. § 613a BGB ergebenden Folgen im Umwandlungsdokument anzugeben. Die Angabepflicht erstreckt sich auf folgende Inhalte:

[2583] Zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften siehe §§ 122a ff. UmwG, insbesondere § 122e UmwG. Zur Angabepflicht im Hinblick auf Arbeitnehmer und Arbeitnehmervertretungen deutscher Unternehmen im Ausland Bungert/Leyendecker-Langner, ZIP 2014, 1112.
[2584] ...

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