Rz. 1054

Auch über mittelbare, etwa wirtschaftliche Folgen des Betriebsübergangs ist zu unterrichten, sofern diese absehbar und für die Ausübung des Widerspruchsrechts von Bedeutung sein können,[2516] insbesondere:

Verschlechterung des kündigungsrechtlichen Status der Beschäftigten infolge des Betriebsübergangs, z.B. infolge eines Unterschreitens des Schwellenwertes des § 23 KSchG[2517]
Änderung von für den Arbeitnehmer wesentlichen Arbeitsbedingungen, z.B. längere Anfahrtswege infolge einer mit dem Betriebsübergang einhergehenden Betriebsverlegung oder das Fehlen von Sozialeinrichtungen (Kantine, Kindertagesstätte usw.) beim neuen Inhaber[2518] (als Anregung für die anzusprechenden Regelungsgegenstände können dabei die in § 2 Abs. 1 NachwG bzw. § 126 Abs. 2 Nr. 11 UmwG geregelten Bedingungen dienen)[2519]
(drohende) wirtschaftliche Notlage,[2520] insbesondere laufendes Insolvenzverfahren beim neuen Inhaber[2521]
Verlust der Sozialplanpflichtigkeit im Hinblick auf § 112a Abs. 2 BetrVG[2522]
Wegfall der Möglichkeit, die Voraussetzungen für Ansprüche aus fortgeltenden kollektivrechtlichen Regelungen zu erfüllen[2523]
Absicht des neuen Inhabers, eine beim bisherigen Arbeitgeber bestehende Prämienregelung zu kündigen[2524]
Angaben zur geplanten Aufspaltung des Betriebsvermögens[2525]
Wesentliche Verringerung der Haftungsmasse[2526]
Zahlung eines negativen Kaufpreises[2527]
Wegfall von Sozialleistungen, die nach Sinn und Zweck nicht mit übergehen[2528]
 

Hinweis

Die Annahme, ein Widerspruch gegen den Betriebsübergang könne zu einer Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III führen, hat hingegen keine entsprechende Unterrichtungspflicht zur Folge.[2529] Aus § 613a Abs. 5 BGB folgt ebenfalls kein Anspruch auf Unterrichtung über zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs erworbene Anwartschaften auf betriebliche Altersvorsorge, da diese ihre Ursache nicht im Betriebsübergang haben.[2530]

[2516] BAG 13.7.2006 – 8 AZR 303/05, NZA 2006, 1273; Koller-van Delden, DStR 2008, 776, 778; Hohenstatt/Grau, NZA 2007, 13, 16; kritisch Reinhard, NZA 2009, 63, 66.
[2517] LAG Düsseldorf, 9.1.2018 – 3 Sa 251/17, BeckRS 2018, 8214; APS/Steffan, § 613a BGB Rn 213; Zöll, AuA 2006, 18, 20; zum gespaltenen Kündigungsschutz in Kleinbetrieben nach einem Betriebsübergang Houben, NJW 2010, 125.
[2518] Moll/Cohnen, § 55 Rn 48.
[2519] Gaul, Das Arbeitsrecht der Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 11 Rn 15; Zöll, AuA 2006, 18, 20.
[2521] Vgl. BAG 31.1.2008 – 8 AZR 1116/06, NZA 2008, 642 = BB 2008, 1342; Schiefer/Worzalla, NJW 2009, 558, 562; Bittmann/Rosemann, BB 2008, 1346, 1347; Worzalla, NZA 2002, 353, 355; Zöll, AuA 2006, 18, 20.
[2522] BAG 15.12.2016 – 8 AZR 612/15, NZA 2017, 783, 787; BAG 14.11.2014 – 8 AZR 824/12, NZA 2014, 610; Annuß in: FS ARGE im DAV 2006, 563, 572; APS/Steffan, § 613a BGB Rn 213.
[2525] Vgl. BAG 31.1.2008 – 8 AZR 1116/06, NZA 2008, 642 = BB 2008, 1342, 1345; Bittmann/Rosemann, BB 2008, 1346.
[2526] BAG 31.1.2008 – 8 AZR 1116/06, NZA 2008, 642 =BB 2008, 1342; in diesem Fall hat der Betriebserwerber nur die beweglichen Anlagenteile des Betriebs, nicht jedoch das Betriebsgrundstück übernommen. Vgl. auch Lunk, RdA 2009, 48.
[2527] LAG München 9.10.2008 – 4 Sa 411/08, BeckRS 2009, 63349.
[2529] Means/Klebeck, NZA 2008, 143, 146 f.; der Widerspruch als solches stellt indes keinen sperrzeitrelevanten Sachverhalt dar, vgl. BSG 8.7.2009 – B 11 AL 17/08 R, NJW 2010, 2459.
[2530] Vgl. BAG 22.5.2007 – 3 AZR 834/05, NZA 2007, 1283 = DB 2008, 191 mit Ausführungen zu einem nur ausnahmsweise gegebenen Auskunftsanspruch aus § 242 BGB; unabhängig vom Betriebsübergang bestehen jedoch ggf. Auskunftsansprüche nach dem Betriebsrentengesetz, insbesondere nach § 4a BetrAVG.

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