Rz. 28

Für den Fall des Zustandekommens einer Unterhaltsvereinbarung ist besondere Sorgfalt notwendig, wenn die betroffenen Kinder noch minderjährig sind. Dann sind die Beschränkungen des elterlichen Sorgerechts (§§ 1629, 1795, 1796 BGB) zu berücksichtigen. Dabei bestehen drei Vereinbarungsmöglichkeiten.

a) Offene Stellvertretung

 

Rz. 29

Der nicht barunterhaltspflichtige Elternteil (= Obhutselternteil) handelt in offener Stellvertretung für das Kind.[32] Dabei ist zu beachten, dass die Eltern grds. das Kind gemeinschaftlich vertreten (§ 1629 Abs. 1 S. 2 BGB), der sich zum Barunterhalt verpflichtende Elternteil aber von der Vertretung in Unterhaltsangelegenheiten ausgeschlossen ist (§§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

 

Rz. 30

Daher ist eine solche Regelung nur möglich, wenn ausnahmsweise eine Alleinvertretungsbefugnis des anderen Elternteils gegeben ist.[33] Das gilt zum einen in Fällen des § 1629 Abs. 1 S. 3 BGB (alleiniges Sorgerecht oder Übertragung durch Entscheidung nach § 1628 BGB, was beides nur selten vorliegen wird). Eine Alleinvertretungsmöglichkeit kann sich zudem für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen aus § 1629 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 BGB ergeben. Demnach kann grds. der Elternteil, in dessen Obhut (vgl. 42 SGB VIII) sich das Kind befindet, dessen Unterhaltsanspruch auch gegen den anderen Elternteil geltend machen (§ 1629 Abs. 2 S. 2 BGB).

 

Rz. 31

Jedoch wird dieser Grundsatz durch § 1629 Abs. 3 BGB als lex specialis[34] für den Fall modifiziert, dass die Eltern noch verheiratet sind und entweder getrennt leben (i.S.v. § 1567 BGB) oder eine Ehesache anhängig ist; denn dann ist die Geltendmachung des Kindesunterhalts nur in Verfahrensstandschaft, also im eigenen Namen des Elternteils, möglich.[35] Durch diese Regelung soll verhindert werden, dass das Kind in den Elternstreit oder das Scheidungsverfahren hineingezogen wird. Der die Obhut ausübende Elternteil handelt nach § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB im eigenen Namen als Verfahrensstandschafter des Kindes.

 

Rz. 32

Als Rechtsfolge bestimmt § 1629 Abs. 3 S. 2 BGB dann aber nur, dass eine gerichtliche Entscheidung oder ein zwischen den Eltern geschlossener Vergleich auch für und gegen das Kind wirkt. Ob die notarielle Unterhaltsvereinbarung zwischen den Eltern dem gleichgestellt werden kann, ist strittig und wird überwiegend verneint.[36] Der Grundsatz des sichersten Wegs spricht ebenso gegen diese Gestaltung wie die Notwendigkeit, nach Volljährigkeit des Kindes eine Titelumschreibung vorzunehmen.

[32] Muster bei Riemann, FamRB 2002, 311; das Ganze hält Volmer für entbehrlich, wenn es nur um die Zwangsvollstreckungsunterwerfung bzgl. des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs geht (s. Teil 1 Kap. 3 Rn 49); dabei wird jedoch verkannt, dass es gerade um dessen Konkretisierung geht.
[33] Zu diesen Fällen Grüneberg/Götz, BGB, § 1629 Rn 7 ff.
[34] Veit, in: Bamberger/Roth, BGB, § 1629 Rn 45; Johannsen/Jaeger, Eherecht, § 1629 Rn 8.
[35] Grüneberg/Götz, BGB, § 1629 Rn 27; Zimmermann in: Kersten/Bühling, § 97 Rn 31; Zimmermann, FuR 2011, 376 und 440.
[36] Bejahend zwar Göppinger/Miesen, Vereinbarungen anlässlich der Ehescheidung, § 4 Rn 31; Gernhuber/Coester-Waltjen, Lehrbuch des Familienrechts, § 26 III 4; verneinend aber Langenfeld, NJW 1981, 2377, 2378; Bettendorf, MittRhNotK 1978, 69; Zimmermann, in: Kersten/Bühling, § 97 Rn 32; Veit in: Bamberger/Roth, BGB, § 1629 Rn 45; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, § 1629 Rn 8; Staudinger/Peschel-Gutzeit, BGB, § 1629 Rn 376; Bergschneider, Verträge in Familiensachen, Rn 316; Riemann, FamRB 2002, 311; MüKo-BGB/P. Huber, § 1629 Rn 90. Bei denjenigen, die eine Anwendung des § 1629 Abs. 3 BGB auf die außergerichtliche Geltendmachung und Unterhaltsvereinbarungen verneinen, wird allerdings nicht klar, ob damit zu der Grundregel des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB zurückgekehrt werden kann und damit eine direkte Stellvertretung möglich wird, denn bei dieser Norm wird überwiegend auch eine außergerichtliche Geltendmachung durch den einen Ehegatten als Vertreter des Kindes ggü. dem anderen für zulässig gehalten (so etwa OLG Hamburg FamRZ 1990, 890, 891; Staudinger/Peschel-Gutzeit, BGB, § 1629 Rn 341; Veit in: Bamberger/Roth, BGB, § 1629 Rn 43; a.A. Langenfeld, NJW 1981, 2377, 2378); jedoch spricht hiergegen der Normzweck des § 1629 Abs. 3 BGB, der während der Krisenzeit der Elterneile ein Hineinziehen des Kindes – über eine direkte Stellvertretung – verhindern möchte (für eine Sperrwirkung während der Ehekrise offenbar auch Staudinger/Peschel-Gutzeit, BGB, § 1629 Rn 347; anders MüKo-BGB/P. Huber, § 1629 Rn 80).

b) Bestellung eines Ergänzungspflegers

 

Rz. 33

Ist eine Vertretung des Kindes durch den einen Ehegatten nach § 1629 Abs. 1 und Abs. 2 BGB nicht möglich, insb. weil dies an §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 BGB scheitert, könnte allerdings ein Ergänzungspfleger bestellt werden (§ 1909 BGB), was mit erheblichem Verfahrensaufwand verbunden ist und in der Praxis nicht nachgefragt wird.

c) Vertrag zugunsten Dritter

 

Rz. 34

Abschluss eines echten Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB) mit Begründung eines eigenen Forderungsrechts des Kinde...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge