Rz. 767

Der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt setzt auch voraus, dass den Eltern die mit der Ausbildung verbundene besondere wirtschaftliche Belastung zugemutet werden kann.[1012] Verfügt ein Auszubildender aus Ausbildungsvergütung, Halbwaisenrente[1013] und Kindergeld über ein Einkommen in Höhe des Regelsatzes der jeweiligen Unterhaltsleitlinie, dann steht ihm ein Unterhaltsanspruch beispielsweise nur bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen des auf Unterhalt in Anspruch genommenen Elternteils zu.[1014] Der Unterhaltsbedarf einer Halbwaise bemisst sich insoweit mit dem doppelten Tabellensatz abzüglich Halbwaisenrente und Kindergeld.[1015]

 

Rz. 768

Im Rahmen sog. mehrstufiger Ausbildungen erlangt die Zumutbarkeitsprüfung besondere Bedeutung, wenn das Kind nach Beendigung der praktischen Ausbildung ein Alter erreicht hat, bei dem die Eltern nicht unbedingt mehr damit rechnen mussten, es werde seine Ausbildung mit einem Studium fortsetzen.[1016] Je älter das Kind ist, umso mehr tritt an die Stelle der Verantwortung der Eltern die Eigenverantwortung des (volljährigen) Kindes für seinen eigenen Unterhalt.[1017] Eingeschränkte Leistungsfähigkeit vernichtet nicht den Ausbildungsunterhaltsanspruch dem Grunde nach, sondern begrenzt allenfalls die Höhe des Unterhalts.[1018]

 

Rz. 769

Lebt das Kind in einer eheähnlichen festen Partnerschaft, dann wirken sich die Leistungen des Partners auf die Bedürftigkeit des Ausbildungsunterhalt begehrenden Kindes aus. Das Kind ist jedenfalls dann nicht auf Ausbildungsunterhalt angewiesen, wenn es seinen Lebensbedarf durch Leistungen seines Lebensgefährten deckt oder zu decken vermag. Finanzielle Mittel, die der Unterhaltsgläubiger von dem Partner für die gemeinsame Lebensführung entgegennimmt, mindern seine Bedürftigkeit. Das Gleiche gilt, wenn er seinem Lebensgefährten durch Haushaltsführung oder sonstige Versorgung Dienstleistungen erbringt, für die ihm ein Entgelt zuzurechnen ist, sofern der Partner finanziell in der Lage ist, die ihm erbrachten Leistungen zu vergüten. Derartige fiktive Einkommen können freiwilligen Leistungen eines Dritten, die ohne jeden sozialen Zwang erfolgen und jederzeit beendet werden können, nicht gleichgesetzt werden.[1019]

[1012] BGH FamRZ 1989, 853 (Nr. 134); OLG Hamm FamRZ 1990, 196; OLG Naumburg FuR 2001, 39.
[1013] BGH FamRZ 2009, 762 = FuR 2009, 409.
[1016] OLG Stuttgart FamRZ 1996, 181.
[1017] OLG Stuttgart FamRZ 1996, 181; OLG Hamm FamRZ 1989, 1219.
[1019] OLG Thüringen OLGR 2005, 498; OLG Koblenz FamRZ 1991, 1469.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge