Rz. 391

Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen gegenüber einem minderjährigen Unterhaltsberechtigten entfällt grundsätzlich nicht bei der Betreuung weiterer Kinder. Er/Sie kann sich nicht auf fehlende Leistungsfähigkeit wegen der Geburt und Betreuung eines Kindes aus einer neuen Verbindung darauf berufen, keiner Erwerbstätigkeit nachgehen zu können.[523] Zur Ermöglichung einer Erwerbstätigkeit sind für die im Haushalt des Unterhaltsschuldners lebenden Kinder zumutbare Fremdbetreuungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen.[524] Die dadurch entstehenden Kosten mindern das Einkommen des Unterhaltspflichtigen.[525]

Gegebenenfalls sind dem Unterhaltspflichtigen fiktive Einkünfte nach den allgemeinen Grundsätzen zuzurechnen, bei deren Bemessung grundsätzlich auf die Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz bzw. tarifliche Entgelte abgestellt werden kann. Die Untergrenze des zurechenbaren Einkommens ergibt sich grundsätzlich aus dem Mindestlohngesetz.[526]

 

Rz. 392

 

Praxistipp

Einem zum Minderjährigenunterhalt verpflichteten Elternteil, der sich nach Geburt eines weiteren Kindes dessen Betreuung widmet, kann im Fall einer zu respektierenden Rollenwahl jedenfalls für die ersten beiden Lebensjahre des von ihm betreuten Kindes unterhaltsrechtlich nicht vorgeworfen werden, dass er von der Möglichkeit Gebrauch macht, die Bezugsdauer des Elterngelds zu verdoppeln, und deswegen keine für den Kindesunterhalt ausreichenden Einkünfte erzielt.[527]

[523] Dose/Klinkhammer, § 2 Rn 269.
[524] Schleswig Holsteinisches OLG FamRZ 2015, 937.
[525] Dose/Klinkhammer, § 2 Rn 269.
[526] Schleswig Holsteinisches OLG FamRZ 2015, 937.

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