Rz. 11

Die Frage nach dem Rang des Unterhaltsanspruchs stellt sich nur, wenn mehrere Personen unterhaltsberechtigt sind. Die Rangfolge des § 1609 hat damit nur Bedeutung für Mangelfälle,[13] wenn also mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden sind, der Unterhaltspflichtige aber außerstande ist, allen Unterhalt zu gewähren (§ 1609), indem der vorrangig berechtigte Verwandte die Unterhaltsansprüche des nachrangig berechtigten Verwandten verdrängt. Die Rangfrage ist dogmatisch im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners zu beantworten,[14] und in der Regel im Rahmen des gemeinsamen Auftretens von Kindes- und Ehegattenunterhalt.

 

Rz. 12

Minderjährige unverheiratete Kinder sowie Kinder i.S.d. § 1603 Abs. 2 Satz 2 werden erstrangig behandelt. Für den Unterhalt dieser privilegierten Kinder haften die Eltern bzw. haftet der barunterhaltspflichtige Elternteil ohnehin verschärft.

Alle anderen Kinder, also solche, die nicht unter § 1609 Nr. 1 fallen, sind im vierten Rang (§ 1609 Nr. 4). Es handelt sich hierbei also um zumeist volljährige, nicht gem. § 1603 Abs. 2 Satz 2 privilegierte Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden oder ein Studium absolvieren.

 

Rz. 13

Allerdings muss man davon ausgehen, dass die Rangregelung des § 1609 Nr. 4 außerhalb von Mangellagen, also bei hinreichender Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners, für die Bemessung des Ehegattenunterhalts gem. der zweiten und dritten Rangstufe (§ 1609 Nr. 2 und Nr. 3) keine Bedeutung hat.[15] In guten wirtschaftlichen Verhältnissen muss man vielmehr annehmen, dass der Unterhaltsbedarf für die nach § 1609 Nr. 4 nachrangigen Kinder sogar vor der Ermittlung des Ehegattenunterhalts vom unterhaltsrelevanten Bemessungseinkommen des Unterhaltsschuldner abzuziehen ist, weil dieser Unterhaltsaufwand die ehelichen Lebensverhältnisse belastend geprägt hat und somit für Konsum nicht verfügbar war. Allerdings wirkt sich dieser unterhaltsrechtliche Vorrang des geschiedenen Ehegatten gegenüber volljährigen, nicht gem. § 1603 Abs. 2 Satz 2 privilegierten Kindern, nach § 1609 Nr. 4 dann nicht aus, wenn die verbleibenden Einkünfte des Unterhaltsschuldners nicht ausreichen, um den angemessenen Unterhalt des berechtigten getrennt lebenden bzw. geschiedenen Ehegatten zu gewährleisten.[16] Nur dann findet ein Vorwegabzug des Kindesunterhalts nicht statt.[17]

 

Rz. 14

Reicht das Einkommen des Unterhaltsschuldners nicht aus, um gleichrangige Ansprüche mehrerer Berechtigter zu befriedigen, ist das für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehende Einkommen bei Ansprüchen minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts auf die gleichrangigen Berechtigten zu verteilen.[18] Die Einsatzbeträge der Berechtigten sind verhältnismäßig zu kürzen. Es findet also eine Mangelverteilung[19] statt.

[13] Weinreich/Eder, § 1609 Rn 3.
[14] BGH FamRZ 2008, 968; FamRZ 2008, 1911; FamRZ 2009, 411; FamRZ 2009, 579; FamRZ 2012, 281.
[15] OLG Nürnberg FamRZ 1997, 445.
[16] Weinreich/Eder, 1609 Rn 28.
[17] BGH FamRZ 1985, 925.
[18] Dose/Klinkhammer, § 2 Rn 264.
[19] BGH FamRZ 2003, 363 = R 584 m. Anm. Scholz, FamRZ 2003, 514.

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