Rz. 55

Der angemessene Barunterhalt nach § 1610 Abs. 1 wird zur möglichst gleichmäßigen Behandlung pauschal tabellarisch festgelegt.[60] Dieses Vorgehen folgt dem Bestreben in der täglichen Praxis Unterhalt in sog. Normalfällen einfach und gerecht zu bemessen und eine möglichst einheitliche Rechtsprechung zu ermöglichen. Zu diesem Zweck wurden (Bedarfs-)Tabellen und Leitlinien als Hilfen für die Bemessung des Kindesunterhalts entwickelt. Sie wurden anhand der allgemeinen Lebenserfahrung erarbeitet und ermöglichen eine Vereinfachung der Unterhaltsbemessung, eine gleichmäßige konkrete Rechtsanwendung sowie eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung im Regelfall.

 

Rz. 56

Diese Aufgabe übernimmt die Düsseldorfer Tabelle, die von allen Oberlandesgerichten in ihren Leitlinien übernommen worden ist.[61] Diese hat keine Gesetzeskraft, sondern stellt eine Richtlinie dar.[62]

 

Rz. 57

 

Praxistipp

Für durchschnittliche Fallkonstellationen sind Tabellen und Leitlinien anerkannte Hilfsmittel für die Unterhaltsbemessung, um den unbestimmten Rechtsbegriff des "angemessenen Unterhalts" zu bestimmen. Von ihnen kann aber selbstverständlich abgewichen werden, wenn dies konkrete Umstände des Einzelfalls erfordern.[63]
Das Ergebnis der Anwendung der Düsseldorfer Tabelle ist immer auf seine Angemessenheit für den konkreten Einzelfall hin zu überprüfen. Gegebenenfalls sind Korrekturen durch Höher- und Herabgruppierung vorzunehmen.
 

Rz. 58

Die Düsseldorfer Tabelle hat seit 1.7.1998 Geltung für eheliche und nichteheliche Kinder. Sie geht in Gruppe 1 vom Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 Satz 2 und 3 aus. Der Mindestunterhalt orientiert sich an dem in § 32 Abs. 6 EStG normierten einkommenssteuerrechtlichen Existenzminimum und nicht mehr an der RegelbetragsVO.[64] Es beläuft sich seit 1.1.2010 die 1. Altersstufe auf 317 EUR, die 2. Altersstufe auf 364 EUR und die 3. Altersstufe auf 426 EUR.

Seit 1.7.2007 enthält die Düsseldorfer Tabelle zehn Einkommensgruppen. Für die Zeit ab 1.7.2001 bis 30.6.2007 waren es dreizehn.[65] § 1612a Abs. 1 Satz 3 unterteilt die Düsseldorfer Tabelle in drei Altersstufen, nämlich 0–5, 6–11 und 12–17 Jahre. Die letzte Neufassung erfolgte zum 1.1.2013.

 

Rz. 59

Bis 2009 ging die Düsseldorfer Tabelle von dem Regelfall aus, dass der Pflichtige drei Berechtigten Unterhalt zu gewähren hat. Seit 1.1.2010 entspricht die Unterhaltsgewährung an zwei Unterhaltspflichtige dem Regelfall der Düsseldorfer Tabelle.[66]

 

Rz. 60

 

Praxistipp

Abgestellt wird unabhängig von Rangfragen alleine auf die tatsächliche Unterhaltsverpflichtung.[67]

 

Rz. 61

Bei nur einer Unterhaltsverpflichtung kommt eine Höhergruppierung, bei mehr als zwei Unterhaltspflichten eine Herabgruppierung in der Regel jeweils um eine Einkommensgruppe[68] in Betracht.[69]

 

Rz. 62

 

Praxistipp

Diese Vorgehensweise ist nicht absolut angezeigt. Vielmehr kann eine Herabstufung ganz unterbleiben oder über die Anzahl der weiteren Unterhaltspflichten hinaus erfolgen, sofern und soweit dies im konkreten Einzelfall bei Abweichung vom Regelfall der Düsseldorfer Tabelle angezeigt ist.

 

Rz. 63

Die jeweiligen Einkommensgruppen umspannen seit 1.7.2007 Beträge in Höhe von jeweils 400 EUR für die Einkommensgruppen 1 bis 10.für die Einkommensgruppen 11 bis 15 steigern sich die Beträge jeweils fortlaufend. Aufgrund dieser weiten Spannbreite kann die Einstufung des bereinigten Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen am untersten oder obersten Ende der jeweiligen Altersstufe dazu führen, dass Herab- oder Höhergruppierung unterbleibt oder gar für mehr als nur eine Altersstufe vorgenommen wird.

Gleiches gilt auch, wenn der konkrete Sachverhalt nicht dem Regelfall der Düsseldorfer Tabelle entspricht, da z.B. der alleinig Leistungsfähige die Betreuung der gemeinsamen Kinder in weiten Teilen übernimmt, oder wenn die Betreuung eines behinderten Kindes in erheblich größerem Umfang anfällt.

 

Rz. 64

 

Praxistipp

Bei Geschwistertrennung ist für das jeweilige Kind der Bedarf anhand des Einkommens des nichtbetreuenden Elternteils zu ermitteln.

 

Rz. 65

Der Bedarf des minderjährigen Kindes kann im Rahmen des Unterhaltsanspruchs gem. § 1612a Abs. 1 Satz 1 geltend gemacht werden

als statischer Festbetrag (Zahlbetrag unter Berücksichtigung des Kindergeldabzugs gem. Anlage zur Düsseldorfer Tabelle).

Muster 2.1: Statischer Unterhalt

 

Muster 2.1: Statischer Unterhalt

Der Antragsgegner wird verpflichtet, zu Händen der Antragstellerin für das gemeinsame Kind Max Mustermann, geb. 1.7.2016, ab 1.1.2020 Unterhalt in Höhe von 267 EUR jeweils monatlich im Voraus zu bezahlen.

Der Berechtigte kann nach § 1612a Abs. 1 Satz 1 seinen Unterhalt mit einem statischen Festbetrag beziffern. Ein solcher Beschlusstenor nimmt aber weder an der alle zwei Jahre bei Erhöhung des Mindestunterhalts durch Erhöhung des steuerlichen Existenzminimums erfolgenden Dynamisierung des Betrages noch an der automatischen Erhöhung bei Erreichen der nächsten Altersstufe teil. Diese Änderungen müssen vielmehr jeweils durch Abänderungsantrag nach §§ 238, 239 F...

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