Rz. 856

Volljährige Kinder sind vom Grundsatz her dazu verpflichtet, zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

 

Rz. 857

Vor einer unterhaltsrechtlichen Einstandspflicht seiner Eltern muss der gesunde Volljährige daher grundsätzlich – auch unter Ortswechsel – jede Arbeitsmöglichkeit ausnutzen und alle sich ihm bietenden, auch berufsfremde und einfachste Tätigkeiten bzw. Arbeiten unterhalb seiner gewohnten Lebensstellung bzw. ggf. unterhalb seines Ausbildungsniveaus annehmen,[1195] auch wenn es ihm nicht gelingt, einen Arbeitsplatz in seinem erlernten Beruf zu finden,[1196] wenn die Anforderungen des Arbeitsplatzes seine geistigen und körperlichen Fähigkeiten nicht übersteigen. Auf Arbeitslosigkeit kann er sich daher nicht berufen.[1197] Kommt ein Volljähriger seiner zumutbaren Erwerbsobliegenheit nicht nach, entfällt seine Bedürftigkeit in Höhe eines erzielbaren Erwerbseinkommens.[1198]

 

Rz. 858

Ein Jugendlicher, der die Schule nicht mehr besucht und auch keine Ausbildung absolviert, ist daher nicht bedürftig.[1199] Er ist vielmehr zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verpflichtet. Kommt er dieser Erwerbsobliegenheit nicht nach, so muss er sich in erzielbarer Höhe fiktive Einkünfte, die er bedarfsdeckend einzusetzen hat, zurechnen lassen.[1200]

[1195] BGH FamRZ 1985, 273; OLG Köln FamRZ 1983, 942; OLG Zweibrücken FamRZ 1984, 291; OLG Frankfurt FamRZ 1987, 188; OLG Hamm FamRZ 1990, 1385; OLG Karlsruhe NJWE-FER 1999, 54.
[1196] BGH FamRZ 1985, 273; 1987, 930; 1994, 696; OLG Hamm FamRZ 1999, 888; OLG Karlsruhe NJWE-FER 1999, 54.
[1197] BGH FamRZ 1985, 273; OLG Schleswig OLGR 2008, 196.
[1198] OLG Düsseldorf FamRZ 2004, 1890 (Ls.).
[1199] OLG Karlsruhe FamRZ 1988, 758; OLG Düsseldorf FamRZ 1990, 194.
[1200] OLG Stuttgart OLGR 2009, 284; OLG Rostock FamRZ 2007, 1267; OLG Brandenburg FamRZ 2005, 2094.

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