Rz. 26

Schenkungen des Erblassers, die in Beeinträchtigungsabsicht vorgenommen werden, lösen nach dem Tod Bereicherungsansprüche des Erbvertrag-Erben gegen den Beschenkten aus (§ 2287 BGB). Der Vertragspartner des Erblassers kann indes einer Schenkung zustimmen und so die Wirkung des § 2287 BGB beseitigen, was jenen Bereicherungsanspruch ausschließt (siehe Rdn 30).

 

Rz. 27

Ist der Minderjährige nur Vertragspartner des Erblassers, ist er also nicht (zugleich) in dem Erbvertrag bedacht, und stimmt er einer Schenkung des Erblassers an einen Dritten zu, die die Voraussetzungen des § 2287 BGB erfüllen würde, so wird die Bindungswirkung des Erbvertrags teilweise beseitigt.

 

Rz. 28

Nach heutiger allgemeiner Meinung genügt die formlose Zustimmung nicht, um § 2287 BGB auszuhebeln. Der BGH rückt Zustimmung in die Nähe des Erbverzichts/Zuwendungsverzichts (§ 2352 BGB) und verlangt die Einhaltung der Form des § 2348 BGB,[33] ohne den Erbvertrag-Aufhebungsvertrag (§ 2290 BGB) in diesem Zusammenhang näher zu erörtern. Es steht nach dem Gesetz den Vertragspartnern des Erbvertrags für die völlige oder teilweise Aufhebung des Erbvertrags der Aufhebungsvertrag (§ 2290 BGB) oder die Aufhebung durch Testament (§ 2291 BGB) zur Verfügung, und nicht der Erbverzichtsvertrag (§§ 2346, 2352 BGB). Demgemäß ist die Zustimmung nicht nur eine einseitige Erklärung, sondern es muss ein partieller Aufhebungsvertrag geschlossen werden.

Es gibt Unterschiedlichkeiten zwischen Erbverzichtsvertrag und Erbvertrag-Aufhebungsvertrag: Beim Erbverzichtsvertrag verzichtet der Gegner des Erblassers, also der Verzichtende, (ganz oder teilweise) auf sein zukünftiges Erbrecht, wodurch die Testierfreiheit des Erblassers erweitert wird. Beim partiellen Aufhebungsvertrag wird die Verfügungsfreiheit von Todes wegen des Erblassers wieder erweitert und sein Vertragsgegner gibt etwas von seiner Rechtsposition (vgl. Rdn 22) ab.

Der Erbverzichtsvertrag bedarf der Form der notariellen Beurkundung (§ 2348 BGB).

Der Aufhebungsvertrag bedarf der Form des Erbvertrags (§§ 2290 Abs. 4, 2276 BGB); bei der Aufhebung des Erbvertrags durch Testament des Erblassers ist jedenfalls bei Vermächtnis und Auflage möglich, und nur die Zustimmung des Vertragsgegners gemäß § 2291 Abs. 2 BGB bedarf der Form der notariellen Beurkundung. Die Zustimmung der im Erbvertrag bedachten Personen ist nicht erforderlich.[34]

 

Rz. 29

Die Vertretung des Minderjährigen durch seinen gesetzlichen Vertreter beim Abschluss des Aufhebungsvertrags, der die Zustimmung zur beeinträchtigenden Schenkung (§ 2287 BGB) enthält, ist dann erforderlich, wenn der Minderjährige geschäftsunfähig ist. Ist er geschäftsbeschränkt, so kann er als Gegner des Erblassers/Schenkenden den Vertrag nicht selbst abschließen, weil für ihn die Zustimmung zur Schenkung des Erblassers als Abschluss eines partiellen Aufhebungsvertrags zum Erbvertrag kein rechtlich neutrales Geschäft darstellt (siehe Rdn 23).

Zwar geht die Schenkung nicht zu Lasten des zustimmenden Minderjährigen, sondern zu Lasten des erbvertraglich bedachten Erben, der nur eine Erberwartung, aber kein Recht auf einen Nachlassgegenstand hat.[35] Aber die Rechtsposition des minderjährigen Vertragspartners (siehe Rdn 22) wird nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich geschmälert, so dass er nach diesseitiger Ansicht die Zustimmung/Aufhebungsvertrag kein rechtlich neutrales Geschäft (siehe Rdn 23) ist, und der geschäftsbeschränkte Minderjährige gem. § 107 BGB der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters bedarf.

Die hier abgelehnte Gegenmeinung, die in dem Abschluss des Erbvertrags für den minderjährigen Vertragspartnerkeinen rechtlichen Vorteil erblickt, sondern ein rechtlich neutrales Geschäft, in der Aufhebung des Erbvertrags hingegen einen rechtlichen Nachteil für den minderjährigen Vertragspartner sieht, wird bei der Zustimmung des Vertragspartners zu einer Schenkung des Erblassers die Vertretung durch den gesetzlichen Vertreter fordern (§ 107 BGB).

[33] BGHZ 108, 252;
[34] Der minderjährige Vertragsgegner, der den Erbvertrag-Aufhebungsvertrag vor dem 22.7.2017 abschloss, bedurfte nach § 2290 Abs. 3 BGB a.F. der Genehmigung des Familiengerichts, es sei denn der Erblasser war sein Ehegatte oder Verlobter, dann war der Aufhebungsvertrag genehmigungsfrei (§ 2290 Abs. 3 BGB a.F.). Dasselbe galt für dessen Zustimmung zu einem aufhebenden Testament (§ 2291 Abs. 1 BGB), z.B. auch des noch minderjährigen Testierenden (§ 2229 Abs. 1 BGB).
[35] Eingehend zum Streit um das Wesen des Erbvertrags Jörg Mayer in: Reimann/Bengel/Mayer, Testament und Erbvertrag, 6. Aufl., vor §§ 2274 ff. Rn 8 und 9.

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