Rz. 49

Zunächst ist die Klausel an den Klauselverboten ohne Wertungsmöglichkeiten zu messen, § 309 BGB. Hierbei ist jedoch immer zu prüfen, ob die Besonderheiten des Arbeitsrechts (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) eine Nichtanwendung der Verbote bedingen.[24]

 

Rz. 50

Bei der Auslandstätigkeit eines Arbeitnehmers ist zunächst § 309 Nr. 6 BGB von Interesse. Danach stellen Vertragsstrafeversprechen in AGB eine unangemessene Benachteiligung dar. Dies gilt insb. auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer sich vom Arbeitsvertrag löst. Der Anwendung des § 309 Nr. 6 AGBGB stehen jedoch die Besonderheiten des Arbeitsrechts entgegen.[25] Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG waren Vertragsstrafeklauseln grds. zulässig.[26] Das BAG hat unter Anwendung einer Billigkeitskontrolle ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an Vertragsstrafeklauseln anerkannt. Bei schweren Pflichtverstößen oder einem Vertragsbruch des Arbeitnehmers, die den Arbeitgeber zu einer fristlosen Kündigung berechtigen würden, ist ein Schadensnachweis nur schwer oder gar nicht zu erbringen. Ein Vermögensschaden des Arbeitgebers liegt gleichwohl regelmäßig vor. Der Arbeitgeber hat nur die Möglichkeit, sich durch ein Vertragsstrafeversprechen vor schweren Pflichtverstößen des Arbeitnehmers zu schützen. Von der grds. Zulässigkeit zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob auch die formularmäßige Vertragsstrafenabrede den Anforderungen der AGB-Regelungen des BGB genügt. § 309 Nr. 6 BGB hat im Wesentlichen den zahlungspflichtigen Kunden im Blick und Situationen, in denen ein Schadensersatzanspruch als Sanktion zur Verfügung steht, weil der Schadensnachweis erheblich einfacher zu führen ist.[27] Aus diesem Grund erscheint die Nichtanwendung des § 309 Nr. 6 BGB aufgrund der arbeitsrechtlichen Besonderheiten geboten. Im Gegenzug sind die Vertragsstrafenabreden jedoch der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB insoweit zu unterziehen, als dass die Höhe der Vertragsstrafe sowie alle Auslösungstatbestände klar definiert sein müssen.[28] Zu achten ist ebenfalls auf die Höhe der Vertragsstrafe, die in einem angemessenen Verhältnis zum Verdienst des Arbeitnehmers stehen muss, da anderenfalls die Gefahr der Unwirksamkeit besteht.

 

Rz. 51

Weiterhin ist § 309 Nr. 7 BGB für Haftungsausschlüsse des Arbeitgebers einschlägig. Der Anwendungsbereich ist für das Arbeitsrecht auf Sachschäden des Arbeitnehmers beschränkt, weil für Körperschäden das Haftungsprivileg der Unfallversicherung eingreift (s. Rdn 85). Ein Haftungsausschluss für grob fahrlässige Pflichtverletzungen des Arbeitgebers ist gem. § 307 Nr. 7 Buchst. b) BGB ausgeschlossen. Das BAG hat bisher auch einen Haftungsausschluss für grobe Fahrlässigkeit des Arbeitgebers als nicht zulässig erachtet.[29] Ein Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit ist weiterhin an § 307 BGB zu messen.

 

Rz. 52

§ 309 Nr. 10 BGB (Wechsel des Vertragspartners) erstreckt seine Wirksamkeit auch auf Dienstverträge, könnte also somit bei sog. Konzernversetzungsklauseln in das Ausland einschlägig sein, die eine dauerhafte Versetzung zum Zweck haben. Allerdings ist der Anwendungsbereich von vornherein auf solche Fälle beschränkt, in denen der Arbeitgeber ausgewechselt wird. Der Anwendungsbereich ist daher ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Zusatzvereinbarung zum bestehenden Arbeitsvertrag im Ausland tätig wird. In diesen Fällen erfolgt nämlich kein Wechsel des Arbeitgebers. Auch in den Fällen, in denen das bestehende Arbeitsverhältnis ruhend gestellt bzw. gelöst wird und ein eigener Arbeitsvertrag mit dem ausländischen Unternehmen geschlossen wird, ist der Anwendungsbereich des Klauselverbots nicht eröffnet. Es wird nicht der Arbeitsvertrag als Ganzes übertragen, sondern ein neuer geschlossen. Die rechtsgeschäftliche Übertragung des Arbeitsverhältnisses als Ganzes setzt voraus, dass der Inhalt des Arbeitsverhältnisses unverändert bleibt. Die Übernahme des Arbeitsverhältnisses ist von der Begründung eines neuen zu unterscheiden.[30] Der Anwendungsbereich dieses Klauselverbots ist daher für die Vertragsgestaltung für Auslandseinsätze äußerst gering. Zu beachten ist schließlich, dass eine Konzernversetzungsklausel mit Arbeitgeberwechsel anhand der §§ 305c, 307 BGB auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden kann.

[24] Einen ersten ausführlichen Überblick für das Arbeitsrecht gibt Gotthardt, Rn 247 ff.
[25] Lingemann, NZA 2002, 181, 191; Bartz, AuA 2002, 62, 64; Gotthardt, Rn 250; a.A. Reinecke, DB 2002, 583, 586; Däubler, NZA 2001, 1329, 1336.
[26] BAG, AP BGB § 339 Nr. 9.
[27] Gotthardt, Rn 250.
[28] ErfK/Preis, §§ 305–310 BGB Rn 97 ff.
[29] BAG, AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 26.
[30] BAG, AP HGB § 74 Nr. 31; DB 1972, 924 f.

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