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Banken wollen sich heute nicht selten als professionelle Testamentsvollstrecker etablieren[64] und haben eigene Vergütungstabellen für diese Tätigkeit entwickelt (vgl. hierzu ausführlich nachfolgend § 6 Rdn 23 ff.).

Im Unterschied zum herkömmlichen Bild des Testamentsvollstreckers bieten die Bankinstitute typischerweise keine umfassende Testamentsvollstreckung an, sondern konzentrieren sich eher auf ihre Kernkompetenz: die Vermögensverwaltung. Die Lösung von Problem- und Spezialfällen haben die Bankinstitute damit eher nicht im Angebot. Dies entspricht ihrem grundsätzlichen Ansatz, genormte Dienstleistungen in gleicher Qualität bundesweit zu bieten. Mithin verwundert es nicht, dass die Bankentabellen recht pauschal vom Bruttonachlasswert ausgehen und entgegen der BGH-Rechtsprechung keinen wirklichen Raum für die Verantwortung und die Leistung im konkreten Fall lassen.

 

Beraterhinweis

Der typisierte Ansatz der Bankentabellen führt in der Praxis zu zahlreichen Fragen im Zusammenhang mit der Vergütung. Naheliegende Fragestellungen, wie bspw. ob Aufwand und Kosten der Erbschaftsteuererklärung in den Bankengebühren enthalten sind oder die Kosten für die Beauftragung von Spezialisten den Vergütungen nach der Tabellen der jeweiligen Banken hinzuzurechnen sind, müssen daher bei der Gestaltung der letztwilligen Verfügung geklärt und im Zweifel ausdrücklich festgehalten werden. Dabei darf nicht verabsäumt werden, im Einzelfall genau zu klären, ob sich die konkret zur Testamentsvollstreckerin berufene Bank einer derart "modifizierten" Vergütungstabelle überhaupt unterwerfen würde.[65]

Als Ansatz für eine Angemessenheitsbestimmung i.S.v. § 2221 BGB sind die von den Banken entwickelten Tabellen folglich eher weniger geeignet.[66]

[64] Vgl. Lang, in: Fritz u.a., Testamentsvollstreckung und Stiftungsmanagement durch Banken und Sparkassen, S. 9.
[65] Auch eine Bank ist nicht unsterblich, wie die Erfahrungen mit der Finanzkrise der letzten Jahre gezeigt haben. Auch Bankenfusionen können Probleme aufwerfen, bspw. wenn der Rechtsnachfolger der zum Testamentsvollstrecker bestimmten Bank keine Testamentsvollstreckungen anbietet. Der Ersatztestamentsvollstreckerbestimmung muss daher besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Einsetzung des konkreten Bankberaters, zu dem der Erblasser sein persönliches Vertrauensverhältnis aufgebaut hat, erweist sich auch als problematisch, weil in den Anstellungsverhältnissen der Bankenmitarbeiter häufig ein Verbot der Übernahme von Testamentsvollstreckungen für Bankkunden enthalten ist.
[66] Ohnehin scheint sich darüber hinaus in der Bankenwelt durchaus der Gedanke entwickelt zu haben, dass sie aufgrund ihrer Kompetenzen mitunter nicht die "geborenen" Testamentsvollstrecker sind. Denn die Bankinstitute haben als Alternative zur Testamentsvollstreckung die postmortale Vermögensverwaltung als klar umrissenes Produkt aus ihrem Kernkompetenzbereich entwickelt.

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