Rz. 1

Teilzeitarbeit und deren rechtliche Gleichbehandlung ist erst seit etwa den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in den Blick des Gesetzgebers gerückt. Ein Meilenstein war zweifellos das Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1995 (BeschFG), das erstmals den Grundsatz der "Gleichbehandlung der Teilzeit" normierte. Eine Einbeziehung der unter sozialversicherungsrechtlichem Blickwinkel entstandenen Sonderformen der Teilzeitarbeit gab es zunächst nicht. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz, das zum 1.1.2001 das BeschFG abgelöst hat, bezieht kraft ausdrücklicher Regelung in § 2 Abs. 2 die geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV (Entgeltgeringfügigkeit) nunmehr auch ausdrücklich in den Regelungsbereich ein. Auch kurzfristige geringfügige Beschäftigungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV unterfallen dem TzBfG, sofern sie in einem Teilzeitarbeitsverhältnis erbracht werden. Die Nichterwähnung in § 2 Abs. 2 TzBfG resultiert lediglich daraus, dass kurzfristige Beschäftigungen ebenso gut in einem Vollzeitarbeitsverhältnis erbracht werden können.

 

Rz. 2

Die Gleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitarbeitnehmern war eines der maßgeblichen Ziele, die man mit dem BeschFG verfolgte.[1] Demgemäß konkretisierte das BeschFG in § 2 Abs. 1 den Gleichbehandlungsgrundsatz für Teilzeitarbeitskräfte. § 2 BeschFG lautete:

 

§ 2 BeschFG Verbot der unterschiedlichen Behandlung

(1) 1Der Arbeitgeber darf einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

(2) 1Teilzeitbeschäftigt sind die Arbeitnehmer, deren regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die regelmäßige Wochenarbeitszeit vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer des Betriebes. 2Ist eine regelmäßige Wochenarbeitszeit nicht vereinbart, so ist die regelmäßige Arbeitszeit maßgeblich, die im Jahresdurchschnitt auf eine Woche entfällt.

 

Rz. 3

Die Norm des § 2 Abs. 1 BeschFG war dabei nicht konstitutiv, sondern konkretisierte den allgemeinen und aus Art. 3 Abs. 1 GG erwachsenden arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.[2]

 

Rz. 4

Der so ausformulierte Gleichbehandlungsgrundsatz ist heute in § 4 TzBfG normiert. Während die §§ 1, 7 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Diskriminierung aufgrund von Merkmalen verbieten, die mit der Person des einzelnen Arbeitnehmers verknüpft sind, verbietet § 4 TzBfG die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern aufgrund der Besonderheiten ihres Arbeitsvertrages. Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf das Entgelt: Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder jede andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.

 

Rz. 5

Teilzeitarbeitskräfte sind nicht nur innerhalb der Vergleichsgruppe der Teilzeitarbeitskräfte gleich zu behandeln, sondern vielmehr auch gegenüber den Vollzeitbeschäftigten. Die individuelle Dauer der Arbeitszeit ist deshalb bereits kein geeignetes Differenzierungskriterium bei der Vergleichsgruppenbildung.

 

Rz. 6

Ausdruck des Gleichbehandlungsgebots ist es, dass alle arbeitsrechtlichen Gesetze grundsätzlich auch auf Teilzeitbeschäftigte anzuwenden sind, es sei denn, die maßgebliche Norm ist nach ihrem Sinn und Zweck nicht anwendbar, weil sie z.B. die Einhaltung der vollen Arbeitszeit voraussetzt.[3] Nach der ausdrücklichen Regelung des § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG scheidet die Dauer der Arbeitszeit als Differenzierungskriterium aus. Eine Ungleichbehandlung wegen der Arbeitszeit liegt dabei immer dann vor, wenn die Dauer der Arbeitszeit das Kriterium darstellt, an das die Differenzierung hinsichtlich der unterschiedlichen Arbeitsbedingungen knüpft.[4] Eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeitbeschäftigten kann nur gerechtfertigt sein, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt.[5]

 

Rz. 7

Nach § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG ist einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht (sog. Pro-rata-temporis-Grundsatz).

 

Rz. 8

Für die Frage, ob geringfügig Beschäftigte hinsichtlich ihrer Arbeitsvergütung entgegen § 4 Abs. 1 TzBfG schlechter behandelt werden als Vollzeitbeschäftigte, kommt es auf einen Vergleich mit dem Bruttoentgelt vollzeitbeschäftigter Mitarbeiter an, unabhängig davon, dass sich aus unterschiedlichen steuerlichen Belastungen aber auch aufgrund...

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