Rz. 52

Kommt es durch einen entgeltlichen Erbverzicht zu einer Pflichtteilsberechtigung der Eltern des Erblassers, erscheint es fraglich, ob hier eine Anrechnung möglich ist, denn die hier erfolgte Zuwendung an einen verzichtenden Deszendenten ist keine Begünstigung des Aszendenten. Der Normzweck "keine Doppelbegünstigung des gleichen Stammes" erfasst bei genauer Betrachtung nicht unmittelbar diesen Fall.[82]

 

Beispiel

Der verwitwete Erblasser E hinterlässt zwei Kinder, die jedoch gegen Zahlung von je 50.000 EUR auf ihren Erbteil verzichtet haben. Der Nachlasswert hat einen Wert von 500.000 EUR. Erbin ist die Lebensgefährtin D. Die verwitwete Mutter M ist im Pflegeheim untergebracht. Der Sozialhilfeträger will ihren Pflichtteilsanspruch überleiten. Besteht ein solcher und, wenn ja, in welcher Höhe?[83]

Infolge des Erbverzichts beider Abkömmlinge ist die Mutter nunmehr nach § 2309 BGB pflichtteilsberechtigt. Bei der Berechnung der Pflichtteilsquote werden die Abkömmlinge aufgrund des Erbverzichts ebenfalls nicht berücksichtigt (§ 2310 S. 2 BGB). Der Pflichtteil beträgt daher 500.000 EUR × ½ = 250.000 EUR, jedoch gem. § 2309 Alt. 2 BGB gekürzt um die Gegenleistung für den entgeltlichen Erbverzicht i.H.v. 2 × 50.000 EUR = 100.000 EUR, wenn man dem OLG Celle folgt. Daher beträgt der Pflichtteilsanspruch der M 150.000 EUR.

[82] J. Mayer, ZEV 1998, 433.
[83] Nach OLG Celle NJW 1999, 1847.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge