Rz. 182

Ein viel zu seltenes Mittel, um Zahlungsansprüche im Rahmen pflichtteilsrechtlicher Berechnungen "zu steuern", ist das Konstrukt der Ehegatteninnengesellschaft. Aus einer Ehegatteninnengesellschaft kann ein Auseinandersetzungsguthaben entstehen, das erbrechtlich als Verbindlichkeit oder Forderung Einfluss auf die Nachlassmasse haben kann. Hintergrund dieses von der Rspr. entwickelten Rechtsinstituts ist die Frage, wie bei Auflösung der Ehe ein gerechter Vermögensausgleich unter den Ehegatten erfolgen kann, wenn – unabhängig aus welchen Gründen – ein Zugewinnausgleich nicht stattfindet. Dies betrifft vor allem Konstellationen, in denen der Ehegatte im Geschäft oder Betrieb des anderen mitarbeitete und so Forderungen entstehen können, die ihren Rechtsgrund in dem "Innengesellschaftsverhältnis" haben.[320] Da diese Forderungen auf Abrechnung und Zahlung des Abfindungsguthabens Erblasserschulden sind, die den Nachlass schmälern,[321] ist diese Forderung für die Pflichtteilsberechnung bei der Ermittlung des Nettonachlasses bedeutsam.

 

Rz. 183

Um eine Forderung aus einer Ehegatteninnengesellschaft zu generieren, ist zunächst eine Abgrenzung dieser Forderung gegenüber einer unbenannten Zuwendung vorzunehmen. Die unbenannte Zuwendung hat den Zweck, die eheliche Lebensgemeinschaft selbst zu verwirklichen. Dies geschieht regelmäßig durch Vermögensbildung beider Ehepartner oder durch Errichtung eines Eigenheims zum gemeinsamen Wohnen. Eine Ehegatteninnengesellschaft hingegen setzt einen eheübergreifenden Zweck i.S.d. BGB-Gesellschaftsrechts voraus. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Ehe durch planmäßige, zielstrebige Zusammenarbeit der Ehegatten erhebliche Vermögenswerte vorrangig abwirft und dies von den Ehegatten gewollt ist.[322] In subjektiver Hinsicht muss also – auch wenn Vermögenswerte zu Alleineigentum eines Ehepartners begründet wurden – bei den Eheleuten die Vorstellung vorhanden sein, die gemeinsam geschaffenen Gegenstände würden wirtschaftlich beiden gehören.[323] Wird die Innengesellschaft durch Scheidung, Tod oder einvernehmlich aufgelöst, fällt das Auseinandersetzungsguthaben erbrechtlich ins Gewicht, je nachdem, wem das Guthaben bei Beendigung zusteht. Dieses Guthaben ist ein Geldanspruch gem. §§ 738 ff. BGB, wobei zur Ermittlung der Höhe des Zahlungsanspruchs eine Bestandsaufnahme und Vermögensbewertung auf den Zeitpunkt der Beendigung der Ehegatteninnengesellschaft vorzunehmen ist.[324] Ist diese Abfindung dem Grunde oder der Höhe nach aus einer Innengesellschaft streitig, kann die Klage vor dem Zivilgericht erhoben werden. Obwohl der Anspruch aus familienrechtlichen Beziehungen resultiert, ist das Familiengericht hier nicht zuständig, sondern die allg. Zivilgerichte.

 

Praxishinweis

Der Klageantrag sollte auf "Feststellung, dass dem Kläger der Liquidationserlös aus der am (…) aufgelösten Ehegatteninnengesellschaft zwischen (…) zusteht", lauten.

[320] OLG Hamm BeckRS 2012, 13770.
[321] BGH NJW 1990, 573.
[322] BGH FamRZ 1999, 1580; Münch, FamRZ 2004, 233 ff. m.w.N. und Formulierungsvorschlägen.
[323] Heindl, in: Bonefeld/Kroiß/Tanck, Der Erbprozess, § 9 Rn 68.
[324] Krug/Zwißler, Familienrecht und Erbrecht, S. 174 Rn 658 ff.

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