Rz. 82

Für alle Arten der gemeinschaftlichen Testamente sind vom Gesetz Formerleichterungen vorgesehen, §§ 2266, 2267 BGB. Hierbei genügt bei Ehegatten (oder Lebenspartnern nach LPartG), wenn einer unter Wahrung der gesetzlichen Form das Testament handschriftlich niederlegt und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung mitunterzeichnet, § 2267 S. 1 BGB. Für diejenigen gemeinschaftlichen Testamente, in denen sich Ehegatten zunächst auf den ersten Todesfall gegenseitig als Erben einsetzen, ist die Auslegungsregel des § 2269 BGB zu beachten ("Berliner Testament").

 

Praxishinweis

Der das Testament mitunterzeichnende Ehegatte sollte den Satz "Dies ist auch mein letzter Wille" zusätzlich vor seiner Unterschrift und nach Abschluss des vom anderen Ehegatten unterzeichneten Testaments anbringen.

 

Rz. 83

Ein gemeinschaftliches Testament kann auch als gemeinschaftlich öffentliches Testament errichtet werden. Dies erfolgt nach Maßgabe der §§ 2231 Nr. 1, 2232 ff. BGB, §§ 1–13, 16 ff., 22–32; 34 ff. BeurkG. Dabei kann der letzte Wille mündlich oder durch Übergabe einer (offenen oder verschlossenen) Schrift erklärt werden. Wird die Errichtung der letztwilligen Verfügung in getrennten Beurkundungsverhandlungen, ggf. auch vor unterschiedlichen Notaren, vorgenommen, ist erforderlich, dass jeder der testierenden Ehegatten die Erklärung des anderen hierbei kennt.[121] In inhaltlicher Hinsicht hat die Erklärung des das Testament niederschreibenden Ehegatten auch die letztwillige Verfügung beider Ehegatten zu enthalten, § 2265 BGB. Das bedeutet, dass der das Testament mitunterzeichnende Ehegatte seine Unterschrift mit eigenem Testierwillen unter das Dokument abschließend setzen muss.

Nach § 2265 BGB können Ehegatten ein "gemeinschaftliches" Testament errichten, wobei in der Praxis nicht selten Ehegatten auf getrennten Blättern handschriftliche Einzeltestamente herstellen, diese aber inhaltlich miteinander verknüpfen wollen. Auch durch diese getrennten Testamentsurkunden kann ein "gemeinschaftliches" Testament entstehen. Eine Legaldefinition darüber, was unter einem "gemeinschaftlichen" Testament nach § 2265 BGB zu verstehen ist, fehlt. Liegen bei Ehepartnern Einzelurkunden vor, die nach deren subjektiven Vorstellungen ein gemeinsames Testament darstellen sollen, ist dafür der subjektive Verknüpfungswille notwendig. Dieser muss nach außen aus der Urkunde ersichtlich sein.[122] Gemäß der Andeutungstheorie muss in beiden letztwilligen Verfügungen formgerecht dieser Wille angedeutet sein, wozu auch die allgemeinen Auslegungsregeln herangezogen werden können.[123] In der Rspr. haben sich Auslegungskriterien für den gemeinschaftlichen Willen herausgebildet, wobei insbesondere als starkes Indiz für die Gemeinschaftlichkeit der Verfügungen die Verwendung der Pluralformen "wir verfügen" oder "gemeinsam verfügen wir", nicht zuletzt auch Regelungen "unseren beiderseitigen Nachlass" dienen.[124] Bei Vorhandensein von zwei Einzeltestamenten und zusätzlich gemeinsam angefertigten und gemeinsam unterschriebenen Nachträgen oder Zusätzen, ist eine solche Verknüpfung ebenfalls gegeben.[125]

Die Gemeinschaftlichkeit der einzelnen Testamentsurkunden setzt hingegen nicht voraus, dass beide zeitgleich verfasst wurden. Selbst eine – allerdings zu Lebzeiten der beiden Ehegatten errichtete – Verfügung in langem zeitlichem Abstand hindert einen zeitlichen Errichtungszusammenhang nicht.[126]

 

Praxishinweis

Wird ein öffentliches Testament errichtet, ist im Erbfall der Erbschein durch das notarielle Testament nebst Eröffnungsprotokoll zu erlangen, sodass die entsprechenden Kosten für den Erbschein gespart werden können. Allerdings besteht die Gefahr, einen stillschweigenden Pflichtteilsverzicht insoweit zu erklären.[127] Hingegen schuldet der beurkundende Notar keine steuerrechtliche Prüfung, was der erbrechtlich versierte Anwalt hingegen leisten kann.

 

Rz. 84

Nach dem Tod des Lebenspartners/Ehegatten ist das gemeinschaftliche Testament allerdings nur beschränkt abänderbar. Aufgrund der dann eintretenden Bindungswirkung sind etwaige Freistellungsklauseln des überlebenden Ehegatten im gemeinschaftlichen Testament angezeigt, sofern diese gewünscht werden.

[121] NK-BGB/Gierl, § 2267 Rn 2 ff.
[122] Grüneberg/Weidlich, § 2084 Rn 4.
[123] OLG München, BeckRS 2008, 15423.
[124] BayObLG NJW-RR 1992, 1356.
[125] OLG München ZEV 2008, 485; Grüneberg/Weidlich, § 2267 Rn 2.
[126] OLG Hamm BeckRS 2017, 128746 (über 40 Jahre); OLG Düsseldorf BeckRS 2016, 14512 (über 24 Jahre).
[127] BGH NJW 1977, 1728.

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