Rz. 118

Der Erbverzicht nach § 2346 Abs. 1 BGB hat für den Verzichtenden den Austritt aus der gesetzlichen Erbfolge zur Konsequenz. Dieser Verzicht gilt daher auch für Abkömmlinge, wenn der Verzichtende seitenverwandt oder selbst Abkömmling ist.

Nicht zu verwechseln ist ein Erbverzicht mit dem Verzicht der Angabe des Erbteils im Erbschein: Ein quotenloser Erbschein kann bei Verzicht aller Erben auf die Angabe des Erbteils erfolgen, was bei einem Erbverzicht selbst nicht möglich ist, da insoweit der Erbteil entfällt.[205]

 

Rz. 119

Der Erbverzicht geht fehl, wenn der Ehegatte als Verzichtender weiterhin durch Verfügung von Todes wegen zum Erben berufen ist.[206] Wird eine Scheidungsfolgenvereinbarung erarbeitet, ist eine bisher zugunsten des Ehegatten bestehende letztwillige Verfügung von Todes wegen zu widerrufen bzw. abzuändern. Gleiches gilt für Bezugsrechte aus einer Lebensversicherung, die nicht automatisch mit dem Scheidungsausspruch abgeändert werden. Die Wirkung des Erbverzichts wird nur gegenüber dem Erblasser entfaltet. Der Verzichtende wird so gestellt, als wenn er zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr leben würde (Todesfiktion). Deshalb entfällt sein Pflichtteilsrecht. Auch Pflichtteilsrestansprüche nach § 2305 BGB oder Pflichtteilsergänzungsansprüche gehen verloren.

 

Rz. 120

Der Verzicht wirkt auch für die Abkömmlinge, sofern der Verzichtende seitenverwandt oder selbst Abkömmling des Erblassers ist. Diese Rechtsfolge ist allerdings dispositiv, da nach § 2349 BGB hier etwas anderes bestimmt werden kann. Insbesondere führt der Erbverzicht u.U. zu einer Erhöhung der Pflichtteilsquoten anderer Pflichtteilsberechtigter. Bei der Ermittlung der Pflichtteilsquoten wird nach § 2310 S. 2 BGB derjenige nicht mitgezählt, der durch Erbverzicht oder von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist.[207] Auch bei der Berechnung der Ausgleichungspflicht bleibt der durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge Ausgeschlossene gem. § 2316 Abs. 1 S. 2 BGB außen vor.

 

Praxishinweis

Bei der Beratung über einen Erbverzicht ist aus Haftungsgründen dem Berater nahezulegen, den Mandanten darüber aufzuklären, dass durch den Erbverzicht die Pflichtteilsbelastung des Erben in aller Regel erhöht wird. Der Hinweis sollte schriftlich in der Handakte dokumentiert werden.

[205] OLG München BeckRS 2019, 14021, mit Anm. Roth, NJW-Spezial 2019, 616.
[206] BGHZ 30, 261.
[207] BGHZ 111, 138 f.

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