Rz. 33

Vgl. hier insbesondere auch § 2 Abs. 7 StVG. Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes ist eine "behördliche Ausermittlung des Sachverhalts" nötig.

 

Rz. 34

Ausgangspunkt ist zunächst der Untersuchungsgrundsatz, der sowohl im Verwaltungsverfahren (§ 24 LVwVfG) als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gilt (§ 86 VwGO).[33] Dieser Grundsatz hat im StVG seine Ausprägung erfahren (vgl. § 2 Abs. 7, 8 StVG) und wird durch §§ 11 ff. FeV weiter präzisiert.[34]

 

Rz. 35

Die FE-Behörde bedient sich dabei aller Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen für erforderlich hält (§ 26 VwVfG). Dabei kann sie insbesondere:

Auskünfte jeder Art einholen
Beteiligte anhören
Zeugen und Sachverständige vernehmen
Schriftliche Äußerungen von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen
Urkunden beiziehen
Akten beiziehen
Augenschein einnehmen
 

Rz. 36

Danach ermittelt zunächst einmal die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen. An das Vorbringen und an Beweisanträge der Beteiligten ist die Behörde nicht gebunden. Sie hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für den Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen (§ 24 VwVfG).

 

Rz. 37

Dabei ist die FE-Behörde verpflichtet, Hinweisen auf mögliche Nichteignung von Kfz-Führern sofort nachzugehen. Die Behörde muss sich nicht auf ein Zuwarten bis zu einer möglichen Rechtsgüterverletzung Dritter durch den betroffenen Kraftfahrer verweisen lassen.

 

Rz. 38

Nach § 2 Abs. 12 StVG hat die Polizei Informationen über Tatsachen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln, soweit dies für die Überprüfung der Eignung oder Befähigung aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist. So darf z.B. eine im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens entnommene Haarprobe für die Entscheidung der FE-Behörde über die Entziehung der der FE nicht nur berücksichtigt werden. Ein darauf aufbauendes, im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen erstelltes Gutachten unterliegt keinem Verwertungsverbot im FE-Entziehungsverfahren. Die Polizei ist aufgrund § 2 Abs. 12 S. 1 StVG zu einer Weitergabe solcher fahreignungsrelevanter Ermittlungsergebnisse an die FE-Behörden sogar verpflichtet.[35]

 

Rz. 39

Soweit die mitgeteilten Informationen für die Beurteilung der Eignung oder Befähigung nicht erforderlich sind, sind die Unterlagen allerdings unverzüglich zu vernichten.

 

Rz. 40

Im Verhältnis FE-Behörde zur Polizei darf die FE-Behörde die Polizei im Einzelfall über die Entziehung der FE und das Bestehen eines Fahrverbots informieren, damit diese die Einhaltung der Entscheidungen überwachen können (§ 3 Abs. 5 StVG).[36]

 

Rz. 41

 

Beispiele aus der Rechtsprechung

OVG RP: Im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes ist eine weitere Beweiserhebung durch ein Obergutachten notwendig, wenn das beigebrachte Gutachten ersichtlich Mängel aufweist oder wenn substanziiert Einwendungen gegen das Gutachten vorgebracht werden.[37]
VG Saarland: Die FE-Behörde muss nachbarliche Angaben zur Fahreignung eines Kraftfahrers aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes verifizieren. Eine allein auf nachbarliche Angaben gestützte Entziehung der FE entspricht dem Untersuchungsgrundsatz auch dann nicht, wenn diese Aussagen polizeilich protokolliert wurden. Anonymen Hinweisen kommen kein eigener Erkenntniswert und keine Aussagekraft zu, die Aufklärungsmaßnahmen durch den Betroffenen selbst begründen oder rechtfertigen könnten. Ihnen lassen sich keine die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens tragende hinreichend konkrete Tatsachen entnehmen. Die behördliche Verpflichtung, Hinweisen auf mögliche Nichteignung von Kraftfahrern sofort nachzugehen, entbindet auch bei anonymen Hinweisen nicht von der Verpflichtung, die möglichen und zumutbaren Ermittlungen anzustellen, um die in Rede stehenden Behauptungen zu verifizieren bzw. zumindest schlüssig erscheinen zu lassen.[38]
[33] Instruktiv und treffend zum verwaltungsgerichtlichen Amtsermittlungsgrundsatz und zum Beweisantragsrecht: Geiger, in: Eyermann, 14. Aufl. 2014, § 86 Rn 2 ff.
[34] BayVGH zfs 2001, 523 f.
[35] VGH BW, Urt. v. 30.9.2003 – 10 S 1917/02, zfs 2004, 93..Das hatte die Vorinstanz (VG Stuttgart, Urt. v. 17.7.2002 – 3 K 396/02, veröffentlicht im Rahmen der Entscheidung des VGH BW zfs 2004, 93 f.) noch anders gesehen: Das Gutachten aus dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sei kein den Anforderungen der §§ 11, 14 FeV genügendes Gutachten. Es könne nur Anlass für die Aufforderung zu einer Begutachtung i.S.d. Verwaltungsverfahrens sein. Dies gelte bereits deshalb, weil das im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erstellte Gutachten keinerlei Aussagen über das voraussichtliche künftige Verhalten des Betroffenen mache. Im Übrigen gehöre zur Verwertbarkeit i.S.d. Verwaltungsverfahrens, dass eine vorherige Aufklärung des Betroffenen über Gegenstand und ...

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