1. Einleitung

 

Rz. 295

Bestand zwischen dem Erblasser und einem Dritten ein Auftragsverhältnis, so gehen Rechte und Pflichten aus diesem Rechtsverhältnis im Rahmen der Universalsukzession auf den Erben über. Diesem steht somit neben dem Anspruch auf Auskunft und Rechenschaftslegung gem. § 666 BGB auch der Herausgabeanspruch gem. § 667 BGB zu.

2. Auftragsverhältnis

 

Rz. 296

Von einem bloßen Gefälligkeitsverhältnis unterscheidet sich das Auftragsverhältnis durch den Rechtsbindungswillen, der bei ausschließlich gesellschaftlichen, konventionellen oder Freundschaftszusagen und bei den bloßen Gefälligkeiten des täglichen Lebens fehlt. Entscheidend sind hier die Umstände des Einzelfalles.[459] Wurde eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt, entsteht ein Auftragsverhältnis.[460] Stehen für den Beauftragten erkennbar wirtschaftliche Interessen wie bspw. erhebliche Vermögenswerte des Auftraggebers auf dem Spiel, lässt dies regelmäßig auf einen Rechtsbindungswillen schließen.[461] Hatte der Erblasser einem Dritten eine rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilt, so liegt bei Unentgeltlichkeit i.d.R. ein Auftragsverhältnis, bei Entgeltlichkeit ein Geschäftsbesorgungsvertrag der Vollmachtserteilung zu Grunde,[462] allerdings mit folgender Ausnahme:

 

Rz. 297

Im Hinblick auf die bei einer Vermögensverwaltung entstehenden Pflichten wie Befolgung von Weisungen, Auskunftserteilung, Rechenschaftslegung, Herausgabe des Erlangten und Haftung auf Schadensersatz bei Verstößen gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung dürfen an die Feststellung eines Verwaltervertrages keine geringen Anforderungen gestellt werden.[463] Innerhalb einer Ehe darf bspw. dem wirtschaftenden Ehegatten nicht einseitig das Risiko auferlegt werden, im Nachhinein Ausgaben mit der gleichen Genauigkeit angeben und belegen zu können, wie das in Rechtsverhältnissen ohne Inanspruchnahme von personalem Vertrauen erforderlich oder geboten ist. Es ist davon auszugehen, dass sich Ehegatten ein besonderes Vertrauen schenken. Ob zwischen Ehegatten ein Auftragsverhältnis zustande kommt, wenn der eine Ehegatte für den anderen vermögensverwaltend tätig wird, ist im Einzelfall zu beurteilen. Eine erteilte Vollmacht allein begründet keine verlässlichen Schlüsse auf einen im Verhältnis der Parteien zueinander bestehenden Rechtsbindungswillen und ein Auftragsverhältnis. Auch zwischen langjährigen Lebensgefährten ist bei Erteilung einer Vollmacht nicht davon auszugehen, dass im zugrundeliegenden Rechtsverhältnis Auftragsrecht gilt.[464]

Die Rechtsprechung zum Auftragsverhältnis zwischen Eheleuten ist aber nicht ohne weiteres übertragbar auf Fallgestaltungen mit sonstigem personalem Einschlag. Denn dort fehlt es an den Besonderheiten einer ehelichen Lebensgemeinschaft.[465]

 

Hinweis

Ist ein Dritter als Bote für den Erblasser nach außen hin tätig geworden, so können gegebenenfalls Herausgabeansprüche gem. § 812 BGB auf den Erben im Rahmen der Universalsukzession übergegangen sein.

[459] BGHZ 21, 102.
[460] Brandenburgisches OLG, Urt. v. 7.12.2011 – 3 U 94/11.
[461] OLG Hamm NJW-RR 1997, 1007.
[462] Palandt/Sprau, vor § 662 Rn 7.
[464] OLG Düsseldorf ZEV 2007, 184 m. Anm. Muscheler.

3. Inhalt des Herausgabeanspruchs

 

Rz. 298

Der Beauftragte hat alles, was er zur Ausführung des Auftrages erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben bzw. abzutreten. Hierzu gehören:

Sachen und Rechte:[466] Zubehör, auch Akten und Schriftverkehr mit Dritten;[467]
alle gezogenen Nutzungen und Vorteile, wie bspw. Provisionen,[468] Sondervergütung und Schmiergelder;[469]
Schadensersatzansprüche, die der Beauftragte gegen Unterbeauftragte oder Gehilfen erlangt hat.[470]

Das zur Ausführung Erhaltene ist herauszugeben, soweit es der Beauftragte nicht entsprechend der getroffenen Abrede bestimmungsgemäß verbraucht hat.[471]

[466] BGH NJW 1994, 3346.
[467] BGHZ 109, 260.
[468] BGH NJW-RR 1992, 560.
[469] BGH NJW-RR 1991, 483.
[470] Palandt/Sprau, § 667 Rn 3.

4. Einwendungen und Einreden des Schuldners

 

Rz. 299

Der Beauftragte wird gem. § 362 BGB durch Erfüllung der Herausgabepflicht auch an Dritte frei. Eine Aufrechnung mit eigenen Ansprüchen ist bei Gleichartigkeit der beiderseitigen Ansprüche grundsätzlich zulässig. Mit Ansprüchen außerhalb des Auftragsverhältnisses kann der Beauftragte gegen den Anspruch auf Herausgabe des aus der Geschäftsbesorgung Erlangten nur aufrechnen, wenn die Geschäftsbesorgung Teil eines weitergehenden einheitlichen Vertragsverhältnisses ist, aus dem für beide Teile Rechten und Pflichten entspringen.[472] Wegen der beiderseitigen Ansprüche aus dem Auftragsverhältnis kann auch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB gegeben sein.

Der Herausgabeanspruch verjährt gem. § 195 BGB nach drei Jahren.[473]

[472] Palandt/Sprau, § 667 Rn 9.
[473] Palandt/Sprau, § 667 Rn 9.

5. Beweislastverteilung

 

Rz. 300

Der Auftraggeber muss sowohl den Abschluss des Auftragsvertrages, die Hingabe von Gegenständen oder Geld zu seiner Ausführung und dass der Beauftragte aus der Geschäftsbesorgung etwas erlangt hat, beweisen.[474]

 

Rz. 301

Der Beauftragte hat die Be...

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