Rz. 267

Bei einer gemischten Schenkung ergeben sich besondere Probleme, denn die Vertragsparteien müssen sich über die teilweise Unentgeltlichkeit einig gewesen sein. Die Frage der Entgeltlichkeit und der Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäfts hängt entscheidend von der Bewertung von Leistung und Gegenleistung ab. Nur der überschießende unentgeltliche Teil einer gemischten Schenkung kann Gegenstand des Bereicherungsanspruchs nach § 2287 BGB sein. Eine gemischte Schenkung kann dabei schon vorliegen, wenn der objektive Wert der unentgeltlichen Zuwendung gemessen an der entgeltlichen Zuwendung weniger als 50 %, z.B. 32,55 % beträgt.[367]

 

Rz. 268

Neben der objektiven Differenz der beiderseitigen Leistungen müssen sich die Vertragspartner zudem über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung bewusst sein. Erheblich sind nur solche Gegenleistungen, die beim Erblasser eine echte Kompensation für die von ihm gemachte Vermögensweggabe darstellen.[368] Der Erblasser hat dabei die Möglichkeit, ein zunächst als unentgeltlich definiertes Rechtsgeschäft durch einseitige Erklärung nachträglich in ein voll entgeltliches Rechtsgeschäft umzuwandeln.[369] Dies ist auch testamentarisch möglich.[370]

 

Rz. 269

Nicht als Gegenleistung abzugsfähig sind daher ein erklärter Pflichtteilsverzicht des Erwerbers sowie Leistungen nicht vermögensrechtlicher Art.[371]

Berücksichtigungsfähig sind demgegenüber vertragliche Pflegeleistungen.[372] Ein Nießbrauch oder ein Wohnungsrecht werden nicht als Gegenleistung bewertet, mindern aber trotzdem den Wert der Schenkung.[373]

Wenngleich die Parteien nach dem Prinzip der subjektiven Äquivalenz im Rahmen ihrer Privatautonomie den Wert von Leistung und Gegenleistung grundsätzlich selbst bestimmen können, kann diese Privatautonomie nicht so weit gehen, dass eine vollkommen fehlende Gegenleistung ersetzt oder eine willkürliche Bewertung vorgenommen wird.[374]

 

Rz. 270

Im Hinblick auf die praktische Schwierigkeit bei einer Bewertung der Gegenleistung, sowohl in objektiver als in subjektiver Hinsicht, tritt eine Beweislasterleichterung zugunsten des von der Zuwendung nachteilig Betroffenen ein: Diesem wird der Beweis erleichtert, wenn das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung über ein geringes Maß deutlich hinausgeht, d.h. wenn es als auffallend und grob bezeichnet werden muss; denn dann spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beteiligten das Missverhältnis erkannt haben und sich über die unentgeltliche Zuwendung des Mehrwerts einig waren.[375] Diese tatsächliche Vermutung führt zwar nicht zu einer Umkehr der Beweislast, zwingt den Anspruchsgegner aber, Umstände vorzutragen und zu beweisen, die geeignet sind die Vermutung zu erschüttern.[376]

 

Rz. 271

Eine exakte Umschreibung des Begriffes "grobes Missverhältnis" ist nicht möglich, da es auf eine Wertung im Einzelfall ankommt. Ganz allgemein lässt sich nur sagen, dass ein grobes Missverhältnis sicherlich vorliegt, wenn der angemessene Kaufpreis um mehr als 50 % unterschritten wird. Eine gemischte Schenkung kann aber auch schon vorliegen, wenn der objektive Wert der unentgeltlichen Zuwendung gemessen an der Gegenleistung weniger als 50 % beträgt, z.B. 32,55 %.[377] Die Beweislast, dass auch der subjektive Tatbestand einer Schenkung erfüllt ist, trifft dabei aber denjenigen, der sich auf die Schenkung beruft. Ein Nachlass von 10 % wird dagegen als Freundschaftspreis gelten.[378]

 

Rz. 272

Die Bewertung eines Nießbrauchs oder auch eines Wohnungsrechts kann sowohl nach der allgemeinen Sterbetafel, gem. § 14 Abs. 1 BewG und der jährlichen BMF-Schreiben zum Kapitalwert einer lebenslänglichen Nutzung als auch nach der konkreten Nießbrauchsdauer erfolgen. Die Kapitalisierung im Weiteren erfolgt somit unter Zugrundelegung des durchschnittlichen Reinertrags des konkreten Nießbrauchs bzw. der fiktiven oder tatsächlichen Mieteinnahmen unter Berücksichtigung einer Abzinsung, § 15 Abs. 3 BewG.[379]

Die Rechtsprechung des BGH stellt grundsätzlich auf eine "Ex-Ante-Betrachtung" ab, d.h. grundsätzlich auf die im Zeitpunkt des Vollzugs der Schenkung anzunehmende allgemeine Lebenserwartung des Schenkers. Diese ist zur Erlangung eines Kapitalisierungsfaktors maßgeblich.[380] Nur bei Besonderheiten des Einzelfalles, die eine kürzere Lebenserwartung als wahrscheinlich erscheinen lassen, wurde in der Rechtsprechung abweichend entschieden.[381] Dies gilt bei folgenden Konstellationen:

In Anbetracht des Gesundheitszustandes bei Tod sechs Monate nach Übergabe.[382]
Bezüglich eines "todkranken Schenkers", der einen Monat nach Übergabe verstarb, ist die statistische Lebenserwartung "nahezu erreicht", daher soll eine Kapitalisierung "nach dem tatsächlich erreichten Alter des Erblassers" unter Berücksichtigung des konkreten Gesundheitszustands bei Vornahme des Rechtsgeschäfts richtig sein, nicht aber eine Kapitalisierung nach der allgemeinen Sterbetabelle.[383]
Bei kurzer Lebensdauer des Schenkers ist bei der Bewertung des Wohnungsrechts ein angemessener Abschlag von dem sic...

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