a) Allgemeines

 

Rz. 265

Anspruchsvoraussetzungen des Herausgabeanspruches gem. § 2287 BGB sind, dass die berechtigten Erwartungen des Vertragserben bzw. des Schlusserben objektiv durch eine Schenkung in Beeinträchtigungsabsicht in Folge eines Missbrauchs der lebzeitigen Verfügungsfreiheit erfolgte.

b) Verfügung durch Schenkung

 

Rz. 266

Der Erblasser muss durch eine Schenkung verfügt haben, wobei der Schenkungsbegriff derselbe ist, wie in §§ 516 ff. BGB.[358] Eine Schenkung liegt demnach vor, wenn der Empfänger eine bereichernde Zuwendung aus dem Vermögen des Schenkers erhalten hat, über deren Unentgeltlichkeit beide einig sind. Dabei muss die Schenkung nach Abschluss des Erbvertrages bzw. nach Eintritt der Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments erfolgt sein. Unter den Schenkungsbegriff fallen auch:

die gemischte Schenkung, also die Zuwendung unter teilentgeltlicher Gegenleistung;[359]
die verschleierte Schenkung, also Schenkungen unter Vorspiegelung einer in Wirklichkeit nicht gewollten Gegenleistung mit dem Anschein der Entgeltlichkeit;[360]
die Ausstattungsschenkung i.S.d. § 1624 Abs. 1 BGB, wobei lediglich bei einer übermäßigen Ausstattung der nicht maßvolle Teil als Schenkung anzusehen ist;[361]
die Pflicht- und Anstandsschenkung gem. § 534 BGB, wobei hier allerdings regelmäßig keine Beeinträchtigungsabsicht vorliegen wird;
die Schenkung unter Auflage, bspw. unter Vorbehalt eines Wohnungsrechts oder Nießbrauchs. Diese Gegenrechte werden nicht als Gegenleistung bewertet, mindern aber trotzdem den Wert der Schenkung;[362]
die unbenannte Zuwendung unter Ehegatten ist grundsätzlich als Schenkung im Sinne des § 2287 BGB zu sehen, sofern sie objektiv unentgeltlich ist, wovon im Regelfall wohl auszugehen ist.[363] Eine unbenannte Zuwendung ist jedoch dann nicht als unentgeltlich anzusehen, wenn die erbrachte Leistung unterhaltsrechtlich geschuldet wird oder wenn ihr eine durch sie ganz oder teilweise vergütete Gegenleistung gegenüber steht. Dies ist bspw. der Fall bei einer Zuwendung zu einer angemessenen Alterssicherung oder für die nachträgliche Vergütung langjähriger Dienste.[364] Keine Gegenleistung ist jedoch die übliche Haushaltstätigkeit i.R.d. § 1360 BGB;
die Begründung einer Gütergemeinschaft, sofern der Ehegatte, der kein oder nur geringfügiges eigenes Vermögen in das Gesamtgut einbringt, mit Abschluss des Ehevertrages bereichert wird.[365] Problematisch ist hier jedoch die Frage der Unentgeltlichkeit der Zuwendung. Eine Schenkung kann nur dann angenommen werden, wenn auch ehefremde Zwecke durch die Ordnung der beiderseitigen Vermögen verfolgt werden. Nur für diesen Fall entfällt die ehegüterrechtliche causa, die einer Schenkung entgegensteht. Eine solche Ausnahme kommt in Betracht, wenn bspw. die Gütergemeinschaft kurz vor dem Tode eines Ehegatten vereinbart wird oder wenn ein Ehevertrag nur deshalb geschlossen wird, um pflichtteilsberechtigte Angehörige zu benachteiligen.[366]
[358] BGHZ 82, 274; BGH NJW-RR 1986, 1135.
[359] BGH FamRZ 1961, 72; OLG Köln ZEV 1996, 23.
[360] BGH FamRZ 1961, 73; FamRZ 1964, 429.
[361] Krug, in: Krug/Rudolf/Kroiß/Bittler, Anwaltformualre Erbrecht, § 21 Rn 32.
[362] BGH ZEV 1996, 197.
[363] BGHZ 116, 167; BGH NJW-RR 1996, 133;
[364] MüKo/Musielak, § 2287 Rn 4; a.A.: Langenfeld, NJW 1994, 2133; Klingelhöffer, NJW 1993, 1097.
[365] MüKo/Musielak, § 2287 Rn 5;
[366] MüKo/Musielak, § 2287 Rn 5 m.w.N.

c) Besonderheiten bei gemischten Schenkungen

 

Rz. 267

Bei einer gemischten Schenkung ergeben sich besondere Probleme, denn die Vertragsparteien müssen sich über die teilweise Unentgeltlichkeit einig gewesen sein. Die Frage der Entgeltlichkeit und der Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäfts hängt entscheidend von der Bewertung von Leistung und Gegenleistung ab. Nur der überschießende unentgeltliche Teil einer gemischten Schenkung kann Gegenstand des Bereicherungsanspruchs nach § 2287 BGB sein. Eine gemischte Schenkung kann dabei schon vorliegen, wenn der objektive Wert der unentgeltlichen Zuwendung gemessen an der entgeltlichen Zuwendung weniger als 50 %, z.B. 32,55 % beträgt.[367]

 

Rz. 268

Neben der objektiven Differenz der beiderseitigen Leistungen müssen sich die Vertragspartner zudem über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung bewusst sein. Erheblich sind nur solche Gegenleistungen, die beim Erblasser eine echte Kompensation für die von ihm gemachte Vermögensweggabe darstellen.[368] Der Erblasser hat dabei die Möglichkeit, ein zunächst als unentgeltlich definiertes Rechtsgeschäft durch einseitige Erklärung nachträglich in ein voll entgeltliches Rechtsgeschäft umzuwandeln.[369] Dies ist auch testamentarisch möglich.[370]

 

Rz. 269

Nicht als Gegenleistung abzugsfähig sind daher ein erklärter Pflichtteilsverzicht des Erwerbers sowie Leistungen nicht vermögensrechtlicher Art.[371]

Berücksichtigungsfähig sind demgegenüber vertragliche Pflegeleistungen.[372] Ein Nießbrauch oder ein Wohnungsrecht werden nicht als Gegenleistung bewertet, mindern aber trotzdem den Wert der Schenkung.[373]

Wenngleich die Parteien nach dem Prinzip der subjektiven Äquivalenz im Rahmen ihre...

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