Rz. 211
Die Befugnis nach § 715b Abs. 1 S. 1 BGB – wonach jeder Gesellschafter einen auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Anspruch der Gesellschaft gegen einen anderen Gesellschafter im eigenen Namen gerichtlich geltend machen kann, wenn der dazu berufene geschäftsführungsbefugte Gesellschafter dies pflichtwidrig unterlässt – erstreckt sich gemäß § 715b Abs. 1 S. 2 BGB auch auf einen Anspruch der Gesellschaft gegen einen Dritten, wenn dieser an dem pflichtwidrigen Unterlassen mitwirkte oder es kannte.
Rz. 212
Die Geltendmachung eines Drittanspruchs nach § 715b Abs. 1 S. 2 BGB hat somit zweierlei zur Voraussetzung:
▪ | der geschäftsführungs- und vertretungsbefugte Gesellschafter ist pflichtwidrig untätig geblieben und |
▪ | es liegt eine Situation vor, in der der Dritte sich zu diesem Aspekt aus eigener Anschauung sachgerecht äußern[423] kann, weil er in Anlehnung an die bisherige Judikatur des BGH[424] an dem pflichtwidrigen Unterlassen mitgewirkt oder es (positiv) gekannt haben muss, wobei fahrlässige Unkenntnis nicht genügt. |
Rz. 213
In diesem Fall hat der Gesellschafter eine Prozessführungs- und zugleich eine Einziehungsbefugnis (Durchsetzungsbefugnis): Er kann den Anspruch im eigenen Namen gerichtlich geltend machen. Der Gesellschafter erlangt jedoch nicht das materielle Recht, d.h. den Anspruch der Gesellschaft, womit er bspw. nicht durch den Abschluss eines Prozessvergleichs über dieses Recht eigenständig verfügen kann.[425]
Rz. 214
Die Gesellschafterklage ist gesetzliche Prozessstandschaft. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 715b Abs. 1 BGB sind damit vom Gericht von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzungen.[426]
Zitat
"Die actio pro socio verschafft dem Gesellschafter eine Durchsetzungsbefugnis, aber kein Verfügungsrecht über den materiellen Anspruch".[427]
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