Rz. 206

§ 715b BGB zielt auf eine gesetzliche Verankerung der als solche bereits bisher anerkannten Rechtsfigur der actio pro socio (Gesellschafterklage),[413] die dem Individualschutz dient und infolgedessen auch unverzichtbar ist,[414] im Gesetz. Zugleich werden die in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen (der bislang getrennt eingeordneten) "Einzelklagerechte des Gesellschafters für die Geltendmachung von Sozial- und Drittansprüchen zu einem einheitlichen Institut" zusammengefasst.[415]

 

Beachte:

§ 715b BGB schließt es nicht aus, "unter den von der Rechtsprechung näher zu bestimmenden Voraussetzungen analog § 46 Nr. 8 GmbHG oder § 147 Abs. 2 S. 1 AktG einen besonderen Vertreter zu bestellen".[416]

 

Rz. 207

Die Gesellschafterklage hat eine minderheitenschützende Funktion und ist als Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft zu verstehen.[417]

Gesellschafterklage (§ 715b BGB) wie Notgeschäftsführungsbefugnis (§ 715a BGB) statuieren als subsidiäre Institute (als sie jeweils die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis durchbrechen) im Außenverhältnis zwar keine Vertretungsbefugnis – aber "im Innenverhältnis die Befugnis, (außer-) gerichtlich gegen Mitgesellschafter oder Dritte vorzugehen und einen Anspruch der Gesellschaft im eigenen Namen geltend zu machen".[418] Das Recht zur Notgeschäftsführung und das Einzelklagerecht des Gesellschafters (actio pro socio) schließen sich – aufgrund unterschiedlicher tatbestandsmäßiger Vorgaben – gegenseitig nicht aus.

[413] Zur Zulässigkeit der Gesellschafterklage bei der Personengesellschaft: Keller, ZJS 2022, 469.
[414] Schäfer/Schäfer, § 7 Rn 43.
[415] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 154.
[416] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 154 unter Bezugnahme auf BGH, Beschl. v. 7.6.2010 – II ZR 210/09, ZIP 2010, 2345, juris Rn 8.
[417] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 154.
[418] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 154 f.

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