Rz. 220

Macht ein Gesellschafter (aufgrund seines Tätigwerdens) zum Zwecke der Geschäftsbesorgung für die Gesellschaft Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, oder erleidet er unmittelbar infolge der Geschäftsbesorgung Verluste, ist ihm die Gesellschaft nach der Neuregelung des § 716 Abs. 1 BGB – in Nachbildung des § 110 Abs. 1 HGB alt (als einer Regelung eines Teilausschnitts des Auftragsrechts)[437] – zum Ersatz verpflichtet.[438]

[437] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 157.
[438] Im Unterschied zum früheren Recht, nach dem nur der geschäftsführende Gesellschafter (§ 713 alt i.V.m. § 670 BGB) für freiwillig eingegangene Vermögensopfer anspruchsberechtigt war: Schäfer/Schäfer, § 6 Rn 29.

aa) Ersatz von Aufwendungen

 

Rz. 221

Ein Tätigwerden "zum Zwecke der Geschäftsbesorgung" setzt voraus,[439] dass der Gesellschafter

objektiv im Geschäftskreis der Gesellschaft tätig geworden ist,
subjektiv für sie gehandelt hat, und
er die Aufwendungen "den Umständen nach für erforderlich halten darf".
 

Rz. 222

Dieser subjektiv-objektive Maßstab setzt einen sorgfältig prüfenden Gesellschafter voraus, der der Überzeugung sein durfte, dass sein Tätigwerden erforderlich ist.[440] Es spielt für die Ersatzberechtigung keine Rolle, ob der Gesellschafter zur Geschäftsbesorgung befugt war (etwa durch Gesellschafterbeschluss, Übertragung des Geschäfts durch einen geschäftsführungsbefugten Gesellschafter oder kraft Notgeschäftsführungsbefugnis).[441]

§ 716 Abs. 1 BGB statuiert eine "die Risikoverteilung umfassend regelnde Norm, die einen Rückgriff auf die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag entbehrlich macht".[442]

 

Beachte:

Ein wichtiger Fall des Aufwendungsersatzanspruchs ist die Inanspruchnahme eines Gesellschafters durch einen Gesellschaftsgläubiger (persönliche Haftung nach den §§ 721 f. BGB).[443]

[439] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 157 unter Bezugnahme auf Staub/Schäfer, § 110 HGB Rn 13.
[440] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 157 unter Bezugnahme auf Staub/Schäfer, § 110 HGB Rn 14.
[441] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 157.
[442] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 157 f. unter Bezugnahme auf Fleischer, BB 2020, 2114, 2116.
[443] Schäfer/Schäfer, § 6 Rn 29: "Bezahlung von Gesellschaftsschulden [ist] (…) ohne Weiteres als eine ,Geschäftsbesorgung für die Gesellschaft‘ einzuordnen".

bb) Ersatz von Verlusten

 

Rz. 223

Ein Ersatz von Verlusten setzt voraus, dass der Gesellschafter diese "unmittelbar infolge der Geschäftsbesorgung" – d.h. in einem objektiv erkennbaren engen Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für die Gesellschaft – erlitten hat (tätigkeits- oder geschäftstypischer Schaden).[444]

[444] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 158: Der Schaden darf nicht nur "gelegentlich" der Geschäftsbesorgung entstanden sein – unter Bezugnahme auf Staub/Schäfer, § 110 HGB Rn 22.

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