Rz. 25

Unter bestimmten Voraussetzungen – nämlich, wenn die Gesellschaft im Gesellschaftsregister eingetragen ist und die Gesellschafter einen Ort im Inland als Sitz vereinbart haben – ist eine Trennung des Verwaltungs- vom Vertragssitz möglich, und zwar unabhängig davon, ob die Gesellschaft ihren Verwaltungssitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat hat.

Damit ermöglicht der Gesetzgeber eine freie Sitzwahl bei der GbR.

Die Gesellschafter einer GbR können infolge § 706 BGB einen auch nach außen hin verbindlichen Vertragssitz vereinbaren. Der Vertragssitz kann vom Verwaltungssitz abweichen.

 

Rz. 26

Das Sitzwahlrecht unterliegt zwei Beschränkungen:

Es greift nur dann, wenn die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Dies liegt darin begründet, dass aufgrund der Bedeutung des Sitzes bspw. im Hinblick auf die Zuständigkeit des Registergerichts (vgl. § 707 Abs. 1 BGB), des Prozessgerichts (§ 17 Abs. 1 S. 2 ZPO) bzw. des Insolvenzgerichts (§§ 3, 4 InsO) die Sitzwahl einer "verlässlichen Grundlage" bedarf.[38] Insoweit bietet der formlos mögliche Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft – im Vergleich zur notariell zu beurkundenden Satzung einer GmbH (§ 2 Abs. 1 S. 1 GmbHG) oder AG (§ 23 Abs. 1 S. 1 AktG) – nur dann eine verlässliche Grundlage für die Sitzbestimmung, wenn die Angabe zum Sitz zur Eintragung in das Gesellschaftsregister angemeldet wird. Dann wird nämlich der Sitz – der Gegenstand einer Einigung zwischen den Gesellschaftern ist – nach § 707 Abs. 1 BGB dem Registergericht im Rahmen der Anmeldung mitgeteilt. Da sämtliche Gesellschafter gemäß § 707 Abs. 4 S. 1 BGB die Eintragung bewilligen müssen, wird so sichergestellt, dass die Einigung auf diesen "vereinbarten" Sitz auch dem tatsächlichen Willen aller Gesellschafter entspricht. In Bezug auf die GbR hängt das Sitzwahlrecht somit davon ab, ob die – d.h. alle – Gesellschafter von ihrem Eintragungswahlrecht Gebrauch machen.
Die Gesellschafter müssen zudem einen Ort im Inland als Sitz vereinbart haben (Vertragssitz). Der Vertragssitz muss somit – insoweit der Wertung des § 4a GmbHG folgend – zwingend im Inland belegen sein. Die Gesellschaft muss fest in der deutschen Rechtsordnung "verankert" werden, weil ein ausländischer Vertragssitz die Durchsetzung deutschen Gesellschaftsrechts durch deutsche Gerichte und Behörden erschweren oder gar verhindern würde.[39]
[38] Zur freien Sitzwahl für Personenhandelsgesellschaften näher Koch, ZHR 173 (2009), 101, 106.
[39] So Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 4a Rn 5.

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