Rz. 219

Die Regelung des § 716 BGB fasst die aus der Führung der Geschäfte der GbR resultierenden wechselseitigen Ansprüche von Gesellschaftern einerseits und GbR andererseits zusammen[436] (wohingegen § 716 BGB alt das Kontrollrecht der Gesellschafter geregelt hatte):

 

(1) Macht ein Gesellschafter zum Zwecke der Geschäftsbesorgung für die Gesellschaft Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, oder erleidet er unmittelbar infolge der Geschäftsbesorgung Verluste, ist ihm die Gesellschaft zum Ersatz verpflichtet.

(2) Für die erforderlichen Aufwendungen hat die Gesellschaft dem Gesellschafter auf dessen Verlangen Vorschuss zu leisten.

(3) Der Gesellschafter ist verpflichtet, der Gesellschaft dasjenige, was er selbst aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

(4) Verwendet der Gesellschafter Geld für sich, das er der Gesellschaft nach Absatz 3 herauszugeben hat, ist er verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend für die Verzinsung des Anspruchs des Gesellschafters auf ersatzfähige Aufwendungen oder Verluste.

[436] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 157.

a) Aufwendungs- und Verlustersatz

 

Rz. 220

Macht ein Gesellschafter (aufgrund seines Tätigwerdens) zum Zwecke der Geschäftsbesorgung für die Gesellschaft Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, oder erleidet er unmittelbar infolge der Geschäftsbesorgung Verluste, ist ihm die Gesellschaft nach der Neuregelung des § 716 Abs. 1 BGB – in Nachbildung des § 110 Abs. 1 HGB alt (als einer Regelung eines Teilausschnitts des Auftragsrechts)[437] – zum Ersatz verpflichtet.[438]

[437] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 157.
[438] Im Unterschied zum früheren Recht, nach dem nur der geschäftsführende Gesellschafter (§ 713 alt i.V.m. § 670 BGB) für freiwillig eingegangene Vermögensopfer anspruchsberechtigt war: Schäfer/Schäfer, § 6 Rn 29.

aa) Ersatz von Aufwendungen

 

Rz. 221

Ein Tätigwerden "zum Zwecke der Geschäftsbesorgung" setzt voraus,[439] dass der Gesellschafter

objektiv im Geschäftskreis der Gesellschaft tätig geworden ist,
subjektiv für sie gehandelt hat, und
er die Aufwendungen "den Umständen nach für erforderlich halten darf".
 

Rz. 222

Dieser subjektiv-objektive Maßstab setzt einen sorgfältig prüfenden Gesellschafter voraus, der der Überzeugung sein durfte, dass sein Tätigwerden erforderlich ist.[440] Es spielt für die Ersatzberechtigung keine Rolle, ob der Gesellschafter zur Geschäftsbesorgung befugt war (etwa durch Gesellschafterbeschluss, Übertragung des Geschäfts durch einen geschäftsführungsbefugten Gesellschafter oder kraft Notgeschäftsführungsbefugnis).[441]

§ 716 Abs. 1 BGB statuiert eine "die Risikoverteilung umfassend regelnde Norm, die einen Rückgriff auf die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag entbehrlich macht".[442]

 

Beachte:

Ein wichtiger Fall des Aufwendungsersatzanspruchs ist die Inanspruchnahme eines Gesellschafters durch einen Gesellschaftsgläubiger (persönliche Haftung nach den §§ 721 f. BGB).[443]

[439] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 157 unter Bezugnahme auf Staub/Schäfer, § 110 HGB Rn 13.
[440] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 157 unter Bezugnahme auf Staub/Schäfer, § 110 HGB Rn 14.
[441] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 157.
[442] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 157 f. unter Bezugnahme auf Fleischer, BB 2020, 2114, 2116.
[443] Schäfer/Schäfer, § 6 Rn 29: "Bezahlung von Gesellschaftsschulden [ist] (…) ohne Weiteres als eine ,Geschäftsbesorgung für die Gesellschaft‘ einzuordnen".

bb) Ersatz von Verlusten

 

Rz. 223

Ein Ersatz von Verlusten setzt voraus, dass der Gesellschafter diese "unmittelbar infolge der Geschäftsbesorgung" – d.h. in einem objektiv erkennbaren engen Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für die Gesellschaft – erlitten hat (tätigkeits- oder geschäftstypischer Schaden).[444]

[444] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 158: Der Schaden darf nicht nur "gelegentlich" der Geschäftsbesorgung entstanden sein – unter Bezugnahme auf Staub/Schäfer, § 110 HGB Rn 22.

b) Anspruch auf Vorschuss

 

Rz. 224

Für die (objektiv) erforderlichen Aufwendungen – nicht jedoch für Verluste – hat die Gesellschaft dem Gesellschafter nach § 716 Abs. 2 BGB in wesentlicher Übernahme von § 713 BGB alt i.V.m. § 669 BGB auf dessen Verlangen auch Vorschuss zu leisten.

c) Herausgabe des durch die Geschäftsführung Erlangten

 

Rz. 225

Der Gesellschafter ist nach § 716 Abs. 3 BGB – in wesentlicher Übernahme von § 713 BGB alt i.V.m. § 667 BGB (ohne Entsprechung im OHG-Recht) – verpflichtet, der Gesellschaft dasjenige, was er selbst (d.h. nicht für die Gesellschaft, bspw. Sonderprovisionen oder Schmiergelder)[445] aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, herauszugeben.

 

Beachte:

§ 716 Abs. 1 bis 3 BGB findet über § 105 Abs. 3 HGB auf die OHG, über § 161 Abs. 2 HGB auf die KG und über § 1 Abs. 4 PartGG auf die Partnerschaftsgesellschaft entsprechende Anwendung.

[445] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 158 unter Bezugnahme auf Staub/Schäfer, § 110 HGB Rn 38; MüKo-BGB/Schäfer, § 713 Rn 12; Staudinger/Habermeier, § 713 BGB Rn 9.

d) Verzinsung des Herausgabeanspruchs und des Anspruchs auf ersatzfähige Aufwendungen und Verluste

 

Rz. 226

Verwendet der Gesellschafter Geld für sich, das er der Gesellschaft nach § 716 Abs. 3 BGB herauszugeben hat, ist er gemäß § 716 Abs. 4 S. 1 BGB – in Zusammenfa...

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